Full text: Das Legitimitätsprincip.

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stand ablegen darf, sondern der bei weitem kleinere Kreis der- 
jenigen, welche die ganze Landesgeschichte in ihr Gedächtniß 
aufgenommen haben, ihre Angaben urkundlich oder glaubwürdig 
belegen können, welche den größten Zeitraum in ihrer Erinne- 
rung beherrschen und über die einzelnen Vorkommnisse während 
desselben das meiste wissen. 
Halten wir hieran fest, so ergibt sich, daß überhaupt eine 
Usurpation bei nur einigermaßen entwickelten Culturzuständen 
der Immemorialverjährung vollständig entzogen ist; die nach- 
weisbare Erinnerung an die vollbrachte Usurpation bleibt stets 
bestehen, wenn auch ein großer Theil des Volks sie schon ver- 
gessen haben mag. Könnte eine legitime Dynastie ihr Recht 
gegen den Usurpator wieder geltend machen, so müßte ihr 
deshalb derjenige Theil der Nation, welcher überhaupt Zeugniß 
über das Vorhandensein eines unvordenklichen Besitzstandes 
ablegen könnte, antworten, daß allerdings zweifellos das Recht 
auf seiten der legitimen Dynastie stehe, daß man wohl wisse, 
wie einst ein Stuart statt eines Braunschweigers in England 
regiert habe und wie der letzte Stuart vom Throne vertrieben 
worden sei. 
Es ist also noch gar keine unvordenkliche Verjährung, 
wenn das niedere Volk die Erinnerung an die Allegitimität 
seiner Dynastie verloren hat und diese für vollständig recht- 
mäßig hält. Vielmehr ist dieser Glaube theils die Ursache, 
theils die Wirkung der factischen Weihe, welche das Alter 
allem, insbesondere aber dem Hochstehenden gibt, einer Weihe, 
welche selbst derjenige anerkennt und anerkennen muß, welcher 
mit vollkommener Sicherheit weiß, daß diese vom Volksbewußt- 
sein getragene und hochgehaltene Dynastie doch nur einen vi- 
tiösen Thronbesitz ausübt. Das Beispiel, welches Savigny 
anführt, ist deshalb nur ein Beweis für die Kraft eines pie-
	        
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