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nämlich, wie es sich erklären lasse, daß so viele usurpatorische
Regierungen ungestört bestehen, feste Rechtsordnungen begründet
und sich selbst mit rechtlichen Schutzwehren umgeben haben,
auch von ihren Unterthanen wie von auswärtigen Mächten
als rechtmäßig angesehen und geachtet werden.
Wenn nämlich ein legitimer Monarch von seinem Throne
vertrieben und bei seiner Vertreibung zu einem Verzicht auf die
ihm geraubte Krone gezwungen wird, so wird dieser Verzicht
regelmäßig ein rechtsungültiger Act und die Behauptung sehr
gewagt sein, durch diesen Verzicht sei derjenige, welcher dem
legitimen Monarchen die Krone genommen, wirklich legitimer
Herrscher geworden. Zur Gültigkeit eines Verzichts gehört
Freiheit des Handelns, also die Fähigkeit, den Verzicht sowol
leisten als verweigern und im letztern Falle das betreffende Recht
sich bewahren zu können. Eine derartige Fähigkeit haben aber
solche Fürsten, welchen man noch vor ihrer definitiven Ver-
treibung aus dem Lande, aber bereits nach ihrem thatsächlichen
Sturze einen Verzicht auf den von ihnen bisher eingenom-
menen Thron durch Revolution oder sonstige Bedrohung mit
schweren Lebensgefahren abnöthigte, regelmäßig nicht gehabt.
Entsagungs- oder Abdankungsurkunden, welche unter den ge-
dachten Umständen entstanden sind, können demnach selbst dann
den Usurpator nicht legitimiren, wenn dieser ausdrücklich als
die Person genannt wird, zu deren Gunsten die Abdankung
erfolgt sei. Immer wird eine auf Grund solchen Verzichts
besessene Krone als eine durch Gewalt erworbene gelten
müssen, und mehr als Ein Beispiel aus der Geschichte —
wir erinnern hier an Gustav IV. von Schweden — beweist,
wie wenig bindende Kraft derlei Abdankungen beigelegt wird.
Dazu kommt weiter, daß der Verzicht eines Souveräns
auf seinen Thron immer nur als eine Abdankung für seine
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