Full text: Das Legitimitätsprincip.

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Person, nicht zugleich als eine Vernichtung der Herrschafts— 
berechtigung seines ganzen Hauses aufgefaßt werden darf. 
Regelmäßig tritt infolge des ausdrücklichen oder stillschweigen- 
den, etwa in der Annahme einer Geldentschädigung zu Tage 
tretenden Verzichts nur der nächstberechtigte Agnat des ver- 
triebenen Fürstenhauses an die Stelle des Verzichtenden. 
Sonach könnte nur der von dem ganzen vertriebenen Herr- 
scherhause ausgehende ausdrückliche oder stillschweigende Ver- 
zicht den Usurpator legitimiren. Dabei ist aber zu erinnern, 
daß ganze Herrscherhäuser überhaupt niemals zu verzichten 
pflegen; die Stuarts, die französischen und neapolitanischen 
Bourbons, die Wasas, die italienischen Linien des habsbur- 
gischen Hauses haben, soviel bekannt, keinen Verzicht auf die 
ihnen gewaltsam geraubten Kronen geleistet, also den Flecken 
der Illegitimität, soweit sie noch nicht ausgestorben sind, immer 
noch nicht von den ihnen gegenüberstehenden, factisch regie- 
renden Herrscherhäusern genommen. 
Damit haben wir aber den Hauptfehler dieser Legitima- 
tionstheorie genannt: nach ihr wird die Usurpation entweder 
niemals oder doch nur in den seltenen Fällen geheilt, in denen 
ein vertriebenes legitimes Fürstenhaus aus bestimmten, recht- 
lich zufälligen Gründen sich zu einem wirklichen Verzicht auf 
sein Recht herbeiläßt. Alle diejenigen, welche die Legitimation 
ausschließlich von einem Willensacte der legitimen Herrscher- 
familie abhängig machen, sind deshalb genöthigt, die im Wider- 
spruche mit dem Rechte einer andern Dynastie bestehenden 
Monarchien fortdauernd, trotz eines vielleicht langjährigen Be- 
standes für etwas rein Factisches, etwas Tolerirtes, aber nicht 
Berechtigtes zu erklären. So darf man denn behaupten, diese 
Theorie enthalte ganz denselben Widerspruch gegen die modernen 
Staatenbildungen wie das Legitimitätsprincip selbst; denn wie
	        
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