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systems waren somit als unzureichend befunden. Die Errich-
tung neuer, festerer Bollwerke, um den Rechtsfrieden Europas
vor den Umsturzplanen kühner Staatsmänner und vor der
Ruhmsucht eitler Völker zu sichern, mußte nothwendiger als
je erscheinen. Kein Schutzmittel konnte aber der Anschauung
jener Zeit näher liegen als die von allen europäischen Mächten
ausgesprochene Anerkennung des Grundsatzes, daß aus der
Eroberung an sich niemals ein Recht abgeleitet werden, son-
dern daß die Erwerbung eines nicht ererbten Landes durch
irgendeinen Souverän nur auf Grund einer freiwilligen Ces-
sion seitens des legitimen Herrschers erfolgen könne.
Schließlich würde aber doch das Verlangen Talleyrand's,
die Eroberung als Erwerbstitel in dem modernen Völkerrechte
ebenso wie die Confiscation im Strafrechte 1) zu verwerfen,
darauf hinausgekommen sein, daß jede Eroberung, welche durch
eine Cession des eroberten Landes von seiten des depossedirten
Herrschers sanctionirt worden, als gültige Erwerbsart angesehen
werden müsse; mit andern Worten, daß, während die voll-
ständige debellatio des Gegners einen Friedensschluß mit
demselben nach dem frühern Völkerrechte überflüssig gemacht
hatte, in dem Völkerrechte der Zukunft auch die debellatio
einer nachträglichen Heilung durch den Verzicht des entthronten
Souveräns bedürfen solle. Wie schwach dieser Schutz für den
ungestörken Bestand der Dynastien und Staaten einem erobe-
rungssüchtigen Fürsten oder Volke gegenüber gewesen sein
würde, lag auf der Hand, und auch Talleyrand sah die
Schwäche dieser Verbesserung der während der vorhergehenden
Umsturzperiode gültigen Sätze des Völkerrechts vollständig ein.
|) Klüber, a. a. O., VII, 53.