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erscheint, und rechnen wir hierzu noch die internationalen Con-
ferenzen und Vereinbarungen, durch welche neuen, thatsäch-
lichen Staatenbildungen Bestand und Sicherheit gewährt wurde,
so ist es erklärlich, wenn vielfach der Glaube herrscht, der
Usurpator könne durch die Anerkennung des Auslandes in einen
rechtmäßigen Souverän umgewandelt werden. Endlich liegt in
der Idee eines geschlossenen Staatensystems eine innere Be-
rechtigung zu der Annahme von der die Usurpation heilenden
Kraft einer völkerrechtlichen Anerkennung; denn jedem, welcher
den civilisirten Staaten große gemeinsame Culturaufgaben stellt
und die vorhandenen Völker durch ein ernst gemeintes Gleich-
gewicht der politischen Machtverhältnisse in ihrer Existenz sicher-
zustellen bestrebt ist, liegt es nahe, allen Staaten, besonders
aber den Großmächten den Beruf zuzusprechen, das Recht
nicht blos zwischen, sondern auch in den Staaten zu schützen.
Der Verpflichtung, dem Usurpator regelmäßig den Eintritt in
die Staatengesellschaft der civilisirten Welt zu untersagen, wird
dann aber auch ein Recht der Großmächte gegenübergestellt
werden müssen, ausnahmsweise in Anbetracht dringender na-
tionaler und politischer Bedürfnisse die Makel der Illegitimität
von einer usurpirten Krone zu nehmen.
So ist es denn erklärlich, wenn auch einzelne Juristen,
freilich in mannichfach bedingter und beschränkter Weise, sich
für die Legitimirung der Usurpation durch Anerkennung des
Auslandes ausgesprochen haben. Auf einen derselben, Zöpfl,
mußten wir bereits aufmerksam machen. Dieser geht bei der
Besprechung des von ihm angenommenen völkerrechtlichen Ver-
hältnisses der Legitimität von durchaus richtigen Vordersätzen
aus: die Frage nach der Legitimität des Staatsherrschers
gehöre dem innern Staatsrechte an, da jeder einzelne Staat
die maßgebenden Grundsätze für die Beurtheilung der Recht-
Brockhaus, Legitimitätsprincip. 19