XV.
Die Legitimität und der Besit der
Staatsgewalt.
Aus den vorstehenden Erörterungen ergibt sich abermals,
daß ein illegitimer Monarch nur durch Verzicht der legitimen
Dynastie legitimirt werden kann und daß die Wirkung aller
andern von der Wissenschaft aufgestellten Legitimationsweisen
nur die Herstellung einer thatsächlichen Weihe, eines rein
factischen Ansehens, nicht aber die endliche Erwerbung staats-
rechtlicher Rechtmäßigkeit von seiten des illegitimen Herrschers
ist. Damit werden wir wiederum zu der bereits aufgeworfenen
Frage nach dem Rechtsgrunde der Herrschaft derjenigen illegi-
timen Dynastien gedrängt, welche sich auf keine Legitimirung
von seiten des legitimen Herrscherhauses berufen können. Wenn
das Recht die Grundlage ihres Bestehens nicht ist, sollen sie
deshalb überhaupt rechtlos oder nur proviforischen Schutzes
theilhaftig sein, oder existirt in Wahrheit ein anderer tieferer
Grund, auf welchem die Herrschaftsberechtigung eines illegitimen
Staatsherrschers ruht? Damit wirft sich aber auch von neuem
die andere Frage auf: Was bedeutet überhaupt die Legitimität
einer Dynastie oder eines Staats, wenn sich Staaten und
Dynastien durch Menschenalter hindurch behaupten können, im