Full text: Das Legitimitätsprincip.

41 
Wiener Verträge nicht wieder aufgehobenen, oder durch sie erst 
herbeigeführten Aenderungen und Verletzungen der alten durch 
die Revolutionsepoche umgestürzten Ordnung aufgezählt wer- 
den. Hier nur so viel: 
Es bestand schlechterdings kaum ein einziger Staat, der 
sich als makellos reine Verwirklichung des Legitimitätsprincips 
ausgeben konnte; es war somit auch kaum Eine Dyuastie 
vorhanden, welche behaupten durfte, das überkommene Recht 
sei die einzige Basis ihres Bestandes. Das dynastische Erb- 
recht gab meistens nur einen Anspruch auf einzelne Theile des 
beherrschten Landes; in vielen Fällen aber gab die Eroberung, 
der thatsächliche Besitzstand und die diesen anerkennenden 
Verträge wenigstens für einzelne Theile des Staatsgebiets 
die Grundlage der Herrschaft ab. Wie wenig Werth aber 
diese Verträge hatten, ging daraus hervor, daß der Wider- 
spruch der Betheiligten und Verletzten regelmäßig nicht gehört 
wurde, wenn er beharrlich und energisch der gewünschten 
Neuordnung der Verhältnisse entgegentrat. Man war über die 
Proteste des Königs von Schweden, der mediatisirten Reichs- 
stände, der ehemals reichsunmittelbaren Ritterschaft, über den 
Widerspruch des Papstes und der Genueser ruhig zur Tages- 
ordnung übergegangen, und so fehlte den Wiener Verträgen 
in sehr vielen Fällen gerade das Moment, das sie zu Ver- 
trägen machen konnte, die Einstimmung desjenigen, dessen 
Recht der Gegenstand des Vertrags war. 
Das eine steht sonach fest: die Legitimität war die 
Grundlage der europäischen Throne nicht; sie blieb 
für diejenigen, welche ihr anhingen, ein wünschenswerthes, 
aber nicht erreichtes Ziel. Nicht eine der Mächte, welche 
unter der Fahne der Legitimität fortan gegen die Revolution 
ins Feld zogen, hatte wirklich zu ihr geschworen. Fur sie alle
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.