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willen für unabänderlich erklärt wurden, — unendlich härter
und grausamer, vor allem aber um vieles unwahrer mußte die
Herrschaft des Legitimitätsprincips dann erscheinen, wenn man
aus demselben die Nothwendigkeit folgerte, die Macht der
Souveräne müsse trotz der etwaigen Einführung einer consti-
tutionellen Staatsordnung so unbeschränkt bleiben, wie sie
vor der Französischen Revolution in den meisten europäischen
Ländern gewesen. Lehrte doch die Unmöglichkeit einer conse-
quenten Reaction, daß auch die Staaten Wandlungsproecesse
erfahren, welche ebenso wenig wieder rückwärts aufgehoben
werden können, als die Zurückversetzung eines Mannes in das
Kindesalter möglich ist.
Aber trotz aller dieser Lehren, trotz ausdrücklicher Ver-
sprechungen, trotz vertragsmäßiger Verpflichtungen, trotz ge-
leisteter Eide auf wirklich eingeführte Verfassungen lebten die
Regierungen des europäischen Festlandes sich fast durchgehends
in den Glauben ein, daß das Legitimitätsprincip nicht blos
die Existenz bestimmter Staaten und Dynastien, sondern auch
eine bestimmte verfassungsmäßige Stellung des Monarchen,
eine bestimmte Regierungsweise fordere.
Es hatte wol schon von Anfang an in dem Legitimitäts-
princip der jetzt herausgekehrte Inhalt geschlummert, da
Talleyrand es der Revolution gerade gegenüberstellte und diese
selbst in ihrer ersten Periode für den Widerstreit der republi-
kanischen und monarchischen Principien erklärte, welchen man
jetzt abermals in den constitutionellen Bewegungen besonders
der südeuropäischen Völker wahrzunehmen glaubte.
Auch hatten die Anhänger der Bourbonen schon vor dem
Wiener Congresse — wir erinnern an de Maistre und Bonald
— in die Forderung der Wiedereinsetzung der legitimen Fürsten
Lehren eingeflochten, welche eine Wahrung der den legitimen
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