130 Fünfter Abschnitt.
Charakter der Anstalt als einer Wohltätigkeitsanstalt*) ent-
sprechend, zum Teil weiterzugehen pflegen, als Armenunter-
stützungen im Sinne des Bundesgesetzes und der Verordnung
anzusehen, sondern nur die Gewährung des unentbehrlichen
Lebensunterhaltes, der erforderlichen Pflege in Krankheits-
fällen und eines angemessenen Begräbnisses. Diese Aus-
legung des Begriffes der Armenunterstützung wird mangels
besonderer Bestimmungen auch zugrunde zu legen sein, wenn
es sich um die Prüfung der Frage handelt, ob durch Empfang
von Armenunterstützung die Berechtigung zu Wahlen verloren
gegangen ist **).
Das zur Verwaltung der Allgemeinen Armenanstalt be-
rufene Armenkollegium besteht aus zwei Senatoren und
50 Bürgern (Armenpflegern), von denen jeder einem bestimmten
Armenbezirk vorsteht. Besondere Institute sind das Armen-
Arbeitshaus, das Siechenhaus und die Kinderpflegeanstalt ***).
Die zur Verwaltung der letzteren bestimmte Sektion des
Armenkollegiums hat vor den nach $ 1776 des BGB. als Vor-
münder berufenen Personen die Rechte und Pflichten eines
Vormundes für die in die Anstalt aufgenommenen Minder-
jährigen und behält diese Rechte und Pflichten auch nach
*) Gegen diese Auffassung wendet sich — mit Unrecht —
der Bericht einer Kommission des Bürgerausschusses vom
Oktober 1882, V. d. S. mit d. B. 1882, Drucks. Nr. VI, S. 6.
**) Zweifel sind entstanden hauptsächlich in bezug auf
die unentgeltliche Gewährung von Unterricht und Lernmitteln,
insbesondere in der Zeit vor Erlaß des Unterrichtsgesetzes,
das die Armenschulen beseitigte (vgl. Senatsdekrete vom
21. Januar 1885 und vom 25. August 1886). Die Leistungen
der übrigen öffentlichen Wohltätigkeitsanstalten erscheinen
überhaupt nicht als „Armenunterstützung aus öffentlichen
Mitteln“ im Sinne des Reichstagswahlgesetzes: Dekret des
Senates an den Bürgerausschuß vom 17. April 1907, V. d. S.
m. d. B. 1907, Protokoll des Bürgerausschusses vom 1. Mai
1907 Nr. 17, 4.
.„ *"“#) Vgl. die Bekanntmachung vom 12. Juni 1869, die
Übertragung der Verwaltung der Kinderpflegeanstalt an die
Armenanstalt betreffend, und das Regulativ vom 20, September
1869.