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Demgegenüber kann die Bezeichnung militärischer
und politischer Belagerungszustand!) nicht als glücklich
gelten. Richtig bemerkt Gmelin,*) daß auch der im Frieden
verhängte Belagerungszustand in dem Sinne ein militärischer
sein kann, als möglicherweise die Zivilbehörden den Militär-
behörden untergeordnet werden oder ganz außer Tätigkeit
treten. Auch liegt der allgemeine Gesichtspunkt der Er-
haltung des Staates, den Gmelin für den Belagerungs-
zustand bei inneren Unruhen allein in Anspruch nimmt, doch
in gewissem Umfange, wenn auch nur mittelbar, ebenso der
Verhängung des tatsächlichen Kriegszustandes zugrunde. Es
erscheint darum unzulässig, die Bezeichnung politischer Be-
lagerungszustand lediglich auf den Ausnahmezustand im Fall
des Aufruhrs zu beschränken.
Vielleicht wird die spätere Darstellung es gestatten, einen
polizeilichen Ausnahmezustand im Kriege und einen
solchen bei inneren Unruhen zu unterscheiden. Es würden
dann die über das Wesen des Instituts nichts verratenden
Ausdrücke tatsächlicher und fingierter Kriegszustand durch
den Zweck wiedergebende Bezeichnungen ersetzt sein.
N. Inhalt.
Eine klare Begriffsumgrenzung des Belagerungszustandes
stößt auf Schwierigkeiten. Ist doch seine gesetzliche Rege-
lung bei den Staaten, die das Rechtsinstitut kennen, eine
grundverschiedene. Die Maßnahmen, aus denen er besteht,
lassen sich auch ihrer heterogenen Natur nach nicht einheit-
lich kennzeichnen. Sie werden lediglich durch den gemein-
samen Zweck, die größtmögliche Stärkung der Staatsgewalt,
) Reinach a.a.0. 5.97 (etat de siöge militaire et politique).
2.2.0. 5.143.