VI. KAPITEL
Rückfahrt - Besprechung der Flottenfrage - Erziehung des künftigen Kaisers durch
Hinzpeter, dessen Urteil über Wilhelm II. « Rückkehr nach Kiel (14. VIII. 1897) » In
Wilhelmshöhe » Tirpitz zum Vortrag »- Konferenzen über die Flottenfrage
m 11. August verabschiedeten sich die beiden Monarchen voneinander.
Jeder von ihnen war in bester Stimmung. Kaiser Wilhelm, weil er die
Empfindung hatte, gut, sogar sehr gut abgeschnitten zu haben. Kaiser
Nikolaus, weil er sich wieder ungestört dem Familienleben hingeben
konnte. Es hat wohl kaum einen Menschen gegeben, der sich glücklicher
in seinen vier Wänden mit Frau und Kindern fühlte als der (vorläufig)
letzte Zar.
„Oü peut on &tre mieux
Qu’au sein de sa famille!“
So heißt es in dem hübschen Liedchen des guten alten Grätry, und so denkt
noch heute mancher brave Familienvater, wenn er am Abend zu den
Seinen zurückkehrt. So empfand auch der Autokrat über 120 Millionen
Menschen. In diesem seinem häuslichen Glück wollte er so wenig wie mög-
lich gestört werden. Jeder Besuch, und nun gar ein fürstlicher Besuch,
erschien ihm als Störung. Es gab Wochen, wo der Zar niemanden zu Tisch
bei sich sah, nicht einmal seine nächsten Verwandten, so wobl war ihm in
der Intimität der Seinigen. Das war moralisch, das war rührend, aber es
reichte nicht aus, um ein Riesenreich zu beherrschen und ein Volk, von
dessen revolutionären Elementen Karl Marx schon Anfang der achtziger
Jahre geschrieben hatte, sie seien dieVorhut des internationalen Proletariats.
Wenn der Geist Peters des Großen in jenen Augusttagen von 1897 durch
die von ihm geschaffenen Anlagen des Parks von Peterhof schritt, so wird
er von dem Tun oder vielmehr von dem Nichtstun seines Enkels kaum er-
baut gewesen sein. Ich verließ Peterhof und Petersburg nicht in so gehobe-
ner Stimmung wie Kaiser Wilhelm II., aber mit der erneuten Überzeugung,
daß unser Verhältnis zu Rußland eine Frage diplomatischer Geschicklich-
keit sei.
Die mehrtägige Rückfahrt nach Kiel benutzte der Kaiser, um mir ein
Rückfahrt
nach Kiel