Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

JParadediner 
in Koblenz 
VII. KAPITEL 
Wilhelm II. bei der Herbstparade in Koblenz » Würzburg + Manöver des 2. Bayrischen 
Armceekorps « Fahrt nach Nürnberg mit den bayrischen Ministern (2. IX. 1897) 
Ministerprüsident Freiherr von Crailsheim, Finanzminister von Riedel, Kriegsminister 
Freiherr von Asch » Der preußische Gesandte beim Münchener Hofe Graf Monts, 
dessen Briefe an Bülow und über Bülow - Kaisermanöver in Hessen « König Humbert 
und Königin Margherita von Italien » General von Schweinitz » Der Gibraltar 
ch machte mich in Wilhelmshöhe so bald als möglich wieder frei, um 
mich in Berlin den Geschäften meines Ressorts zuzuwenden. Der Kaiser 
begab sich von seinem hessischen Schloß Ende August zu den Manövern 
des 8. Armeekorps nach Koblenz. Hier hielt er bei dem Paradediner am 
30. August 1897 einen Trinkspruch, der oratorisch eine seiner glänzendsten 
Leistungen war. Es gab nicht viele, die imstande gewesen wären, so schön 
und so hinreißend zu sprechen. Das Lob, das er dem früheren Kommandie- 
renden General des 8. Armeekorps, dem Freiherrn Walter von Lo&, 
spendete, diesem General, dessen Name Tapferkeit, dessen Wesen Ritter- 
lichkeit und dessen Leben Treue auf dem Schlachtfelde und im Frieden 
gewesen sei, mußte nicht nur jedem alten Königshusaren ans Herz greifen, 
der, wie ich, in Lo& seinen Kriegsobersten verehrte und liebte, sondern 
wurde in der ganzen Rheinprovinz mit Begeisterung aufgenommen. Wenn 
aber Wilhelm II. auf dem ibm von der Provinz gegebenen Feste von dem 
Königtum von Gottes Gnaden, „mit seiner furchtbaren Verantwortung 
vor dem Schöpfer allein, von der kein Mensch, kein Minister, kein Abgeord- 
netenhaus, kein Volk den Fürst entbinden kann“, sprach, wenn er die Rhein- 
provinz dazu beglückwünschte, daß der „geweihte Fuß des großen Kaisers“ 
sie betreten habe, so war das eine Sprache, die weder in unsere Zeit noch 
in die heutige Gedankenwelt paßte. Sie erinnerte an Friedrich Wilhelm IV. 
Nur daß hinter den glänzenden und schillernden Perioden Wilhelms Il. ein 
stärkerer Wille stand als hinter den rednerisch ebenso schönen Ausfüh- 
rungen des Großoheims. 
Ich mußte mit Betrübnis feststellen, daß meine Bemühungen, den 
Kaiser zu einer mehr der Gegenwart und den Realitäten des deutschen 
Denkens und Lebens angemessenen Sprechweise und Haltung zu ver-
	        
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