Graf Lanza
Sir Frank
Lascelles
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deutschen zu fördern. Es wäre manches anders gekommen, wenn Graf
Szögyenyi statt des Prinzen Gottfried Hohenlohe während des Weltkriegs
der Vertreter Österreich-Ungarns in Berlin gewesen wäre. Szögyenyis kleine
Eigenheiten schadeten niemandem. Er war eifrig, und scine Besuche dau-
erten meist eine bis zwei Stunden. Er war wißbegierig, und wenn er beim
Reichskanzler und dem Staatssekretär des Äußeren vorgesprochen hatte,
versäumte er selten, zum Schluß die vortragenden Räte der politischen
Abteilung aufzusuchen, um auch sie auszufragen. He was very inquisitive.
Er hatte auch die kleine Marotte, jeden Bleistift, den er sah, einzustecken,
was zu manchen Neckereien und Scherzen Anlaß gab. Alles in allem ein
loyaler und einsichtiger Mittelsmann zwischen den beiden Zentralmächten.
Der italienische Botschafter Graf Lanza war wie Graf Szögyenyi ein
vornehm denkender Mann von erprobter Zuverlässigkeit. Er war von Hause
aus Soldat, langjähriger Adjutant des Königs Viktor Emanuel II. und des
Königs Humbert. Er war während Jahren italienischer Militärattache in
Wien gewesen, war dort freundlich aufgenommen worden und schon deshalb
bemüht, nach Möglichkeit aufeine Besserung derit h-ö ichisch
Beziehungen hinzuwirken. In der deutsch-italienischen Allianz sah er Fun-
dament und Angelpunkt der italienischen Politik. Lanza verehrte und
liebte Kaiser Wilhelm II., der dieses Gefühl erwiderte und Lanza sehr früh
den Schwarzen Adlerorden verlieh, ihn aber später nach der Ermordung
des Königs Humbert durch seine Antipathie gegen die Königin Elena oft
in Sorge, bisweilen in Verzweiflung versetzte, zumal sich diese Abneigung
nur allzu oft in unvorsichtigen Redewendungen Luft machte. Wenn ver-
ständige und dem Kaiser Wilhelm II. wirklich ergebene Männer solche
„Ecarts de langage‘‘ beklagten, so pflegte der Historiograph Kaiser Wil-
helms II., Professor Theodor Schiemann, den in der Kunst, dem Monarchen
zu schmeicheln, nur Adolf von Harnack übertraf, darauf hinzuweisen, daß
sich auch Friedrich der Große bisweilen maliziöse Äußerungen über die
Kaiserin Maria Theresia, die Kaiserin Elisabeth von Rußland und die
Marquise Pompadour erlaubt habe, was nicht verhindert hätte, daß diese
drei Damen in allegorischer Reproduktion über dem Neuen Palais in
Potsdam die siegreiche preußische Krone hochbielten. Das „‚si duo faciunt
idem, non est idem“ des Terenz bleibt aber nun einmal eine unbestreitbare
Wahrheit.
Die freundlichsten und ältesten Beziehungen verbanden mich mit dem
englischen Botschafter Sir Frank Lascelles. Wir waren viele Jahre hindurch
Kollegen in Bukarest gewesen und hatten Tag für Tag gemeinsam die
„Chaussee“, die Avenue des Champs-Elysees der rumänischen Hauptstadt,
durchwandelt. Sir Frank war ein schöner Typus der englischen Rasse, der
man politisch so oder so gegenüberstehen kann, deren sehr große und sehr