Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

PREIS DER MAGYAREN 165 
nach seinem Einzug erklärt hätte, das sei der allerschönste Empfang seines 
Lebens. So war es in Peterhof und in Windsor, in Budapest und in Wien, 
in Konstantinopel und in Venedig, in Rom und in Jerusalem, in Neapel 
und in Palermo, in Damaskus und in Beirut, bei jedem Besuch, bei jedem 
Manöver. Napoleon war nur wohl im Sturm und Gewitter ungeheurer 
Schicksale. Wie er, der Sohn der trotzigen Insel Korsika, Frankreich und 
der Welt zuerst im Pulverdampf und Kanonendonner vor Toulon erschienen 
war, so beschloß er seine kurze, meteorgleiche, kaum zwanzigjährige Lauf- 
bahn im Abendrot einer einsamen, weit, weit entfernten Insel des Atlanti- 
schen Ozeans. Anders Wilhelm II. 
„Jung ward ihm der Thron zuteil, 
Und ihm beliebt es, falsch zu schließen, 
Es könne wohl zusammengehn 
Und sei recht wünschenswert und schön: 
Regieren und zugleich genießen.“ 
Diese Verse, die Goethe vorahnend im zweiten Teil seines „Faust“ dem 
Mephisto über den Kaiser in den Mund legt, geben in prägnanter Weise 
das Naturell Wilhelms II. wieder. Und wenn auf diese Worte Faust er- 
widert: 
„Ein großer Irrtum. Wer befehlen soll, 
Muß im Befehlen Seligkeit empfinden, 
Ihm ist die Brust von hohem Willen voll, 
Doch, was er will, es darf’s kein Mensch ergründen. 
Was er den Treusten in das Ohr geraunt, 
Es ist getan, und alle Welt erstaunt. 
So wird er stets der Allerhöchste sein, 
Der Würdigste — genießen macht gemein —“, 
so bleibt das ewig wahr. Aber Wilhelm II. empfand und dachte anders. 
Für jeden schönen, interessanten Eindruck empfänglich, war er einer der 
genußfähigsten Menschen, die mir vorgekommen sind, wobei ausdrücklich 
bemerkt sei, daß niedrige Vergnügungen, insbesondere sinnlicher Natur, 
ihm ganz fernlagen. 
Nun folgte im Budapester Trinkspruch Wilhelms II. ein wahrhaft 
dithyrambiscbes Lob der Magyaren. Mit sympathischem Interesse verfolge 
man in Deutschland die Geschichte des ritterlichen Ungarvolkes, dessen 
Vaterlandsliebe sprichwörtlich geworden sei, das Gut und Blut für die 
Verteidigung des Kreuzes zu opfern nie gezögert habe. Namen wie Zriny 
und Szigeth ließen noch heute das Herz eines jeden deutschen Jünglings 
höher schlagen. Mit Bewunderung habe Deutschland beobachtet, wie das
	        
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