Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

XIV. KAPITEL 
Die Annahme der Flottenvorlage (26. III. 1898) » Brief des Großherzogs Friedrich 
von Baden - Fürst Bismarck über Bülow - Ersetzung des Unterstaatssekretärs Frei- 
herrn von Rotenhan durch Freiherrn von Richthofen » Helfferich, Ludwig Bamberger 
und Georg Siemens » Der spanisch-amerikanische Krieg - Die Lippische Thronfolge- 
frage - Zehnjühriges Regierungsjubiläum des Kaisers Wilhelm II. (16. VI. 1898) » Sein 
Telegramm an Philipp Eulenburg « Dessen Stellung zum Hause Bismarck 
ie große Flottenvorlage, die der Gegenstand langer und sorgsamer 
Flotten- Vorbereitungen gewesen war und die öffentliche Meinung pro et contra 
mehrheit im stärker erregt hatte als seit Jahren irgendeine andere Frage, wurde am 
Reichstag 98, März 1898 mit 212 gegen 139 Stimmen angenommen. Gegen die Flotten- 
vorlage stimmten wie gegen alle nationalen deutschen Forderungen und 
Bestrebungen die Sozialdemokraten, die Polen, die Welfen und die Frans- 
quillons aus dem Elsaß. Das Zentrum spaltete sich. Für die Annahme der 
Flottenvorlage entschied sich die Mehrheit der Partei unter der Führung 
von Spahn und Hertling. Gegen die Vorlage stimmten die meisten Bayern, 
darunter Schädler und Pichler, und einige preußische Ultras wie Roeren. 
Ich hatte in dieser Wintersession mehrfach die mir erwünschte Gelegen- 
heit gefunden, mich über die Ziele und über die notwendigen Beschrän- 
kungen unserer Flottenbestrebungen wie unserer überseeischen Politik im 
Reichstag auszusprechen. Ich gab der Hoffnung Ausdruck, daß das Samen- 
korn, das wir bei Kiautschou in den Boden senkten, Frucht tragen werde. 
Wir würden ohne Überhastung, aber auch ohne kleinliche Engherzigkeit 
vorgehen, nicht als Konquistadoren, auch nicht als Kalkulatoren, sondern 
als tüchtige und kluge Kaufleute, die, wie weiland die Makkabäer, die 
Waffe in einer Hand halten, in der anderen aber die Kelle und den Spaten. 
Dann werde auch die Erwerbung von Kiautschou förderlich sein für die 
wirtschaftliche Entwicklung und die politische Machtstellung des deutschen 
Volkes. Diese Erwartung hat sich bis zum Hochsommer 1914 voll erfüllt. 
Noch im April 1914 erzählten mir deutsche Reisende, die aus Ostasien 
zurückkehrten, daß dank unserem Stützpunkt Kiautschou die deutschen 
wirtschaftlichen Interessen in Ostasien sich glänzend entwickelten, Schan- 
tung zu den besten Hoffnungen berechtige und Kiautschou selbst zu einem 
wichtigen Zentrum für Handel und Verkehr geworden sei. Mit besonderem
	        
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