Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

DAS MEERSCHWEINCHEN HERMANN 227 
Fürsten Bismarck, zutrug, weil er nach dem Münchener Posten ihres Gatten 
strebte. Er sagte ihr unter anderem nach, daß sie mit einem Meerschwein- 
chen einen abgöttischen Kultus getrieben hätte. Das Tier, von ihr auf den 
Heldennamen „Hermann“ getauft, wäre in ihren Armen gestorben. Sie 
hätte es dann in einen Miniatursarg gelegt und es in ihrem Schlafzimmer 
zwischen vier hohen silbernen Leuchtern mit brennenden Kerzen auf- 
gebahrt. Schließlich sei das Meerschweinchen in Friedrichsruh in einer 
Kapelle beigesetzt worden. Natürlich war an der ganzen Geschichte mit 
dem Meerschweinchen kein wahres Wort. 
Am Tage des Regierungsjubiläums, am 16. Juni 1898, schrieb mir die 
Kaiserin Auguste Viktoria: „Da Mann und Frau zusammengehören, kann 
ich nicht umhin, am Jubiläum des Kaisers Ihnen ein Wort des Dankes zu 
senden, denn durch Ihre Hilfe ist dem Kaiser mancher Ärger erspart wor- 
den, und es ist ihm gottlob gelungen, manche Pläne zum Woble des Landes 
auszuführen. Ich sende Ihnen dieses Bild als ein Zeichen, daß auch ich an 
meinem Teil versuchen will, für den Kaiser zu arbeiten, und wäre es auch 
manchmal nur, um ihn zu beruhigen in seiner gehetzten Zeit, in der oft 
Pläne und Entschließungen sich überstürzen. Wie oft habe ich früher in 
ruhigeren Zeiten mit Ihrem armen Bruder Adolf für den damaligen Prinzen 
verhandelt, auch bei ihm war ich stets überzeugt, daß er alles nur im aller- 
besten Sinne für den Kaiser überlegte. Stets Ihre herzlich ergebene 
Viktoria.“ Mit diesem Brief übersandte mir die Kaiserin ihr Bild, das ich 
scitdem und noch heute auf meinem Schreibtisch stehen habe, denn es 
erinnert mich an eine gute, im Kleinen und im Großen treue Frau. 
Dankbrief 
der Kaiserin
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.