Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

I. KAPITEL 
Berufung nach Berlin (21. VI. 1897) - Abreise von Rom nach Verabschiedung von 
Visconti-Venosta und Rudini - Auf der Promenadenbank in den Frankfurter Anlagen 
Beim Friseur im Berliner Kaiserhof » In der Wilhelmstraße: Holstein, Marschall, 
Hohenlohe « Eintreffen in Kiel an Bord der „Hohenzollern“ » Gespräch mit dem General- 
adjutanten von Löwenfeld « Begrüßung durch Kaiser Wilhelm II.: „Der Badenser hat 
mich verraten! Sie müssen an die Front!“ » Kaiserliche Aufforderung, die im August 
bevorstehende Reise nach St. Petersburg mitzumachen » König Leopold von Belgien 
Prinz Albrecht von Preußen 
Am 21. Juni 1897 lag auf meinem Schreibtisch im Palazzo Caffarelli, 
dem damaligen Sitz der Kaiserlich deutschen Botschaft in Rom, die 
Entzifferung eines Telegramms des Auswärtigen Amtes, das die Weisung 
enthielt, mich baldtunlichst bei Seiner Majestät dem Kaiser auf der 
Jacht „Hobenzollern‘“ einzufinden. Ich hatte ungefähr die Empfindung 
eines Fußgängers, der, nachdem er längere Zeit die Wolken am Himmel hat 
heraufziehen sehen, dann noch einiges Wetterleuchten, nun plötzlich der 
Entladung des Gewitters gegenübersteht. Ich suchte den Minister des 
Äußeren auf, um ihm zu sagen, daß ich für einige Tage nach Kiel zitiert 
worden sei. Seinem phlegmatischen Naturell und seiner bisweilen bis zur 
Komik gesteigerten Reserve entsprechend, frug Marquis Visconti- 
Venosta mich nur, ob ich über Mailand und die Schweiz oder über Verona 
und Tirol reisen würde, und bat um Empfehlungen an meine Frau. Der 
Abschied von Marquis Rudini, mit dem mich nähere Beziehungen verban- 
den und der auch um verschiedene Grade deutschfreundlicher war, 
gestaltete sich herzlicher. Er nahm an, daß ich kaum wieder nach Rom 
zurückkehren würde: „Ils voudront vous garder a Berlin.“ Er bedauere 
meinen Fortgang von Rom, auch wegen unserer persönlichen Beziehungen, 
meinte aber, in Berlin würde ich der Sache gegenseitigen Verstehens und 
dadurch eines freundschaftlichen Verhältnisses zwischen Deutschland und 
Italien vielleicht noch mehr nützen können als am Tiber. 
Als ich am nächsten Morgen in Mailand eintraf, las ich im „Secolo“ 
schon eine Depesche aus Berlin, nach der meine Ermennung zum Staats- 
sekretär sicher wäre. Am 23. Juni erwartete mich in Frankfurt a. M 
Philipp Eulenburg am Bahnhof. Er kam von seiner niederrheinischen 
Das 
Telegramm 
des A. A. 
In Frank- 
furt a. M.: 
Philipp 
“ Eulenburg
	        
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