DAS SCHUTZGEBIET IM PAZIFIK 287
Pikiertheit.‘“ Diese Verschiedenheit der beiden Nationen tritt nur zu oft
auch in der Politik hervor. Die deutschen Kritiker, die 1899 an der Erwerbung
der Karolinen und Marianen mäkelten und den Wert dieser Inselgruppe
nach Möglichkeit herabsetzten, werden, wenn sie noch leben, heute ver-
mutlich gerade der entgegengesetzten Ansicht sein. Jedenfalls beweisen die
Differenzen, die nach dem Weltkrieg zwischen Japan, Amerika und Au-
stralien wegen einzelner Karolinen-Inseln entstanden, welchen hohen Wert
andere Mächte gerade auf diese Inseln legen.
Für uns wurde durch die Karolinen und Marianen unser Schutzgebiet
im Großen Ozean in ein zusammenhängendes Ganzes verwandelt. Mit dem
Bismarck-Archipel und dem Kaiser-Wilhelm-Land im Süden, den Mar-
schall-, Karolinen- und den Palau-Inseln in der Mitte, den Marianen im
Norden besaßen wir jetzt einen festen Stützpunkt für unsere wirtschaftliche
und allgemein politische Entwicklung in Ozeanien. Ich durfte im Reichstag
auch hervorheben, daß durch die Erwerbung der Karolinen unsere Be-
ziehungen zu Spanien in keiner Weise geschädigt worden waren. Für
Spanien seien die Inseln nur noch Bruchstücke eines eingestürzten Ge-
bäudes gewesen, für uns wären sie die Pfeiler und Strebebogen für einen
„so Gott will“ zukunftsvollen Bau. Ich konnte damals, am 22. Juni 1899,
nicht voraussehen, daß, wie das hoffnungsvolle Schantung mit Kiautschou,
so auch Samoa, die Karolinen und Marianen uns verlorengehen würden,
als wir trotz aller Warnungen, die unser größter Staatsmann schon als
Bundestagsgesandter in Frankfurt und bis in seine allerletzten Lebenstage
erhoben hatte, uns von Österreich das Leitseil überwerfen und wegen
Serbiens in einen Weltkrieg hineinziehen ließen.
Nach Empfang der Nachricht von der Annahme der Karolinen-Vorlage
durch den Reichstag telegraphierte mir Wilhelm II. am 22. Juni 1899:
„Mit hoher, freudiger Genugtuung habe ich Ihre Meldung über die Aunabhme
der Karolinen-Vorlage durch den Reichstag in dritter Lesung erhalten.
Ich danke Gott, daß er es also gefügt hat und daß die Erwerbung auch dem
braven Schiff ‚Iltis‘ als ehrende Rechtfertigung angesehen werden kann.
Nächst Ihm danke ich Ihnen auf das wärmste, daß Sie dieses Perlenjuwel
meiner Krone haben erwerben helfen. Um meinem Dank hierfür besonderen
Ausdruck zu verleihen, erhebe ich Sie in den Grafenstand, da Sie es mir
ermöglicht haben, mein bei der Thronbesteigung meinem treuen deutschen
Volke gegebenes Versprechen zu halten: allezeit in Frieden Mehrer des
Reichs zu sein. Gott segne Sie dafür und unser ganzes Vaterland.‘ Wenige
Stunden später erhielt ich ein zweites Telegramm des Kaisers, das charakte-
ristisch war für die Wärme seines Gefühls wie für seinen romantischen Sinn
und die poetische Färbung, die er seinen rednerischen und schriftlichen Aus-
lassungen zu geben liebte: „Auf mein Signal hat die Flotte soeben freuden-
Graf Bülow