Object: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

474 Erster Theil. Neunter Titel. 
8. 335. Er muf aber von dem Bauenden, nach Maßgabe der demselben zur Last 
fallenden Verschuldung, für den Verlust seiner Materialien entschädigt werden. 
aue lrrndem §. 336. Hat Jemand fremde Materialien, auf fremdem Grunde und Boden, ohne 
nir fermden Vowwissen beider Eigenthümer, verbauet, so ist die Frage über das Eigenthum 55), 
zugleich"). 4 idn und dem Grundeigenthümer, nach obigen Grundsätzen 88. 327 — 332 
zu entscheiden. 
§. 337. Dem Eigenthümer der Materialien muß der Bauende nach Vorschrift 
§. 335 gerecht werden 38). 
§. 338. Hingegen hat der Ligenthüner der Materialien an den Grundeigenthü- 
mer, in sofern dicher an der Kränkung des erstern in seinem Eigenthume nicht Theil 
genommen hat, gar keinen Anspruch 577). 
§. 339. Doch kann der Eigenthümer der Materialien, wegen seiner von dem 
Bauenden zu erhaltenden Entschädigung, an das, was der Grundeigenthümer dem 
Bauenden etwa noch zu leisten bat, sich vorzüglich 5") halten. 
Dom Bauen §. 310. Will Jemand einen Bau auf seiner Grenze führen, so muß er seinen 
— 
Ermie 73 Vorsatz, und wie weit er das Gebäude voczurücken gedenke, den Nachbarn an- 
zeigen 39). 
) (5. A.) E. G. Wächter a. a. O. S. 25. Mein Privatrecht a. a. O. Nr. 3. 
55) Dabei konkurrirt der Eigenthümer der Materialien gar nicht. 
56) An den Grundeigenthümer hat er gar keinen Auspruch, wenn derselbe auch das Eigenthum 
des Gebäudes erwirbt. Denn zwischen diesen Beiden besteht kein Nechtsverhältniß, weder ein person- 
liches noch ein dingliches (SF. 338), der Eigenthümer hat lediglich den Bauenden abzufinden und es ist 
möglich, daß er diesem weit weuiger zu geben hat, als der Bauende dem Eigenthümer der Materialien 
schuldig ist. §. 330. 
57) S. die vor. Anm. 
58) Wieder eine exreptionelle Anwendung der zweifelhaften Regel: pretium succedit in locum 
rei (Anm. 26 zu 6#. 36, Tit. 2), zu dem Zwecke, um dem Eigenthlimer der Materialien einen Gegen- 
stand seiner vorzüglichen Befriedigung zu schaffen. Die Gesetzgebung ist jedoch mit der Beilegung des 
Vomugsrechts nicht ganz sertig geworden. Die Dessimmun ist bei der Umarbeitung des gedruckten 
Entwurfs eingeschaltet und über deren Sinn geben die Materialien keinen Ausschluß. (G.-Rev. 
Pens. XIII. S. 114.) Das Von#ugsrecht ist ohne nähere Bestimmung geblieben und kann deshalb im 
Konkurse keine Anwendung finden. Vermnthlich soll das Vorrecht, welches der 8. 424 der alten Konk.= 
O. demjenigen zuerkennt, welcher dem Gemeinschuldner Materialien zum Baue geliefert hat, zusteden, 
wenigstens scheint dies beabsichtigt worden zu sein, indem man die Forderung des Bauenden an den 
Eigenrhümer als Gegenstand der vorzüglichen Befriedigung (Spezialunterpfand) an die Sielle des Ge- 
baudes gesetzt hat. Aber der §. 488 a. a. O. verbietet jede Analogie in der Vorrechtsordnung, und 
Überdies würde die analoge Anwendung des §. 44 nichts für sich haben, wogegen der §. 456 geradezu 
den Fall in sich faßt, indem derjenige, dessen bewegliches Eigenthum der Gemeinschuldner auf uner- 
laubte Art an sich gebracht hat, wegen der Entschädigung das Vorrecht der Sechsten Klasse daben soll, 
wenn die Sachen nicht mehr vorhanden oder nicht unterscheidbar sind und deshalb nicht vindizirt wer- 
den können. Der §. 424 dagegen setzt eine vertragsmäßige Lieserung der Banmaterialien voraus. 
Hiernach giebt die Bestimmung unseres §. 439 für den Hauptfall, d. i. im Konkurse, kein anderes 
Vorrecht als das der Sechsten Klasse, und zwar zunächst zur vorzüglichen Befriedigung aus dem Er- 
tage des Anspruches des Gemeinschuldners an den Eigenthümer, soweit derselbe nach Beiriedigung der 
vorhergehenden Klassen noch übrig ist. Außer dem Falle des Konkurses würde der Eigenthümer der 
Materialien, bei eintretendem Konflikte mit anderen Gläubigern, nach diesen Grundsätzen nur denjeni- 
gen vorgeben, welche kein besseres Vorrecht als die Sechetr Klasse baben. (4. A.) Die neuc K.O. v. 
8. Mai 1855 giebt für dieses Vorrecht keinen Naum. 
58 ) (4. A.) Hat bei aneinander stoßenden Gebänden der eine Nachdar den anderen zum Abrei- 
ßen des alten und Erbauen des neuen Giebels selber veraulaßt, so ist die Frage: ob er dennoch Zu- 
rückrückung dieses Giebels, beziehungsweise Wiedereinräumung des Grundes und Bodens, worauf letz- 
lerer steht, zu verlangen berechtigt sei, oder ob und welche andere Rechte ihm in dieser Beziehung zu- 
stchen, nicht nach den hier unanwendbaren §§. 340—3842, sondern nur nach den sonstigen, für Fälle 
dieser Art maßgebenden Vorschriften zu entscheiden. Auf diesen Fall ist der §. 341 unanwendbar. 
Erk. des Obertr. vom 13. März 1862 (Archiv f. Rechtsf. Bd. XLIV, S. 123). 
0 59) Bei einem Baue an der Grenze wird, wenn die Anzeige an den Nachbar unterlassen, und 
die Grenze überschrinen ist, die Klage auf Zurückrückung des Gebäudes nicht durch den Einwand be- 
 
	        
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