Tirpisz,
Miquel
XXIU. KAPITEL
Bülows Verhältnis zu seinen Ministerkollegen « Graf Alfred Waldersee - Wilhelm II.
wird Generalfeldmarschall - Sein forciertes Betonen seiner militürischen Befugnisse
vor dem Kriege, sein völliges Zurücktreten im Krieg - Feldmarschall Waldersee
Oberstkommandierender in China - Der Kaiser verabschiedet sich in melodramatischer
Form von ihm in Kassel » Graf Metternich über die Lage »- Einnahme Pekings (15. VIII.
1900) »- Berufung nach Hubertusstock: Erste Besprechung mit Wilhelm II. über die
Nachfolge des Fürsten Hohenlohe - Kandidaten: Podbielski, Philipp Eulenburg, Karl
Wedel, Botho Eulenburg, Hohenlohe-Langenburg +» Telephonische Berufung nach
Homburg
ein Verhältnis zu meinen Kollegen, insbesondere zu Tirpitz und Miquel,
war gut. Mit dem Reichskanzler verbanden mich alte und nie getrübte
freundschaftliche Beziehungen. Fürst Hohenlohe sah in Miquel, dessen
geniale Natur mir von Anfang an sympathisch gewesen war, dem aber viele
und nicht die Schlechtesten mißtrauten, ein Element der Unruhe und
Unsicherheit und schrieb mir aus Baden-Baden über ihn: „Verehrter Graf,
Miquel, der nicht nur gegen mich, sondern, wie mir ein Abgeordneter ver-
sichert, auch und noch mehr gegen Sie intrigiert, weil Sie mehr als er das
Ohr des Kaisers haben, will es durchaus zu einem Krach mit dem Reichstag
bringen. Deshalb hat er Herrn von Lucanus, der sein gehorsamer Diener
ist und durch den er leider auf Seine Majestät einwirken kann, bestimmt,
für die sofortige Vorlage der Marine-Novelle zu plädieren, weil daraus der
Krach hervorgehen kann. Der Großherzog von Baden ist durchdrungen
von der Notwendigkeit, Miquel zu beseitigen. Ich habe es nicht angeregt,
sondern fand ihn voll Bitterkeit gegen den Finanzminister, ich glaube, er
wird darüber an den Kaiser schreiben. In unverändert freundschaftlicher
Gesinnung Ihr ergebenster Hohenlohe.“
Um dieselbe Zeit schrieb mir der so wenig freundlich beurteilte Minister
von Miquel: „Ich denke jetzt viel an Sie und Ihre schweren Sorgen und
Mühen, und wie schwer es sein muß, zwischen dem Zuviel und Zuwenig die
richtige Linie zu halten, nicht zu sehr in den Vordergrund und nicht zu viel
in den Hintergrund zu treten. Aber mein Vertrauen zu dem Lenker unserer
Politik ist so groß, er wird das Schiff glücklich durch die Brandung führen...
Ich bitte um die herzlichsten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin, meine