Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

Demission 
Hohenlohes 
372 ONKEL CHLODWIGC WILL GEHEN 
Kaiser, dessen gutes Herz auch für ein kleines Schicksal zu gewinnen war, 
lachte und gab seine Zustimmung. Einige Minuten später telegraphierte 
ich an den Legationssekretär von Eckardt: „Seine Majestät der Kaiser 
erteilt Ihnen den nachgesuchten Heiratskonsens.“ Herr von Eckardt ist 
übrigens nicht nur diesen Abend selig gewesen, sondern die Ehe, die damals 
von Hubertusstock aus ermöglicht wurde, war in ihrem Verlauf eine glück- 
liche. Die Frau ist eine gute Deutsche geworden. 
Am nächsten Tage forderte mich der Kaiser nach seiner Gewohnheit zu 
einem Spaziergang auf. Er brachte aus eigenem Antrieb die Rede auf den 
Gesundheitszustand des Fürsten Hohenlohe, der ihm schriftlich und münd- 
lich erklärt habe, daß er sich seinem Amt gesundheitlich und auch geschäft- 
lich absolut nicht mehr gewachsen fühle und deshalb um einen „Abschied 
in Gnaden“ bitte. Ich gab der Meinung Ausdruck, daß es im Interesse 
Seiner Majestät wie des Landes liege, daß Fürst Hohenlohe so lange als 
möglich auf seinem Stuhl bliebe. Wenn er auch aktiv nicht mehr viel leisten 
könne, so wäre er doch ein Element der Beruhigung und der Stetigkeit. 
Sein weiser Rat, seine Erfahrungen und seine Ausgeglichenheit wären von 
hohem Werte. Der Kaiser stimmte mir bei, wiederholte aber, Hohenlohe 
wäre schwerlich noch lange zu halten. Dann frug er mich plötzlich, a brüle- 
pourpoint: „Würden Sie die Nachfolge annehmen ?““ Ich antwortete mit 
der Gegenfrage, an wen Seine Majestät außer mir noch denke. Der Kaiser 
schien durch meine Frage nicht gerade angenehm berührt, meinte aber 
schließlich nach einigem Zögern, er habe an „‚Pod““ gedacht. Ich antwortete, 
daß mir der General von Podbielski schon als alter Husar sympathisch 
wäre, er habe auch unbestreitbare Meriten. Er sei forsch, und er sei findig, 
zwei Eigenschaften, die sich selten vereinigt fänden. Er stünde aber den 
Fragen der auswärtigen Politik ohne Erfahrung gegenüber, in der inneren 
Politik sei er zu sehr konservativer Parteimann. Ich wisse auch nicht, ob bei 
ihm der Takt so ausgebildet wäre, wie sein Schneid zweifellos sei. 
Der Kaiser fuhr fort: „Offen gesagt, wäre mir persönlich Phili Eulen- 
burg durchaus dersympathischste Nachfolger. Erist mein bester Freund. Ich 
bin sein Höchstes. Ich weiß nur nicht, ob er die Sache machen kann. Ich 
habe den Eindruck, daß ihm selbst dies zweifelhaft ist. Er hat mir erst kürz- 
lich gesagt, daß er weder die Kenntnisse noch die Arbeitskraft besitze, um 
ein großes Ressort leiten zu können. Auch habe er seine Nerven in meinem 
Dienst zu sehr verbraucht, um vor Reichstag und Landtag treten zu können. 
Er würde den Kanzlerposten jedenfalls nur übernehmen können, wenn ihm 
ein Sprechminister beigegeben würde. Er behauptet, daß es bei den Fran- 
zosen unter Napoleon III. einen solchen gegeben hätte. Der Kaiser konnte 
sich auf den Namen dieses französischen Sprechministers nicht besinnen. 
Ich vermute, daß Phili der Minister Eugene Rouher vorgeschwebt hatte,
	        
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