Die Herzogin
von Hohenberg
Beziehungen
zu Frankreich
402 FRANZ FERDINANDS EHE
Plänen zugänglich gewesen ist, indem man ihm die Rache für 1866 in dem
slawischen Kleide für aussichtsvoll im Anschluß an Rußland und Frank-
reich dargestellt hat.‘
Dieser Brief zeigt, nebenbei gesagt, daß Philipp Eulenburg bei allen
seinen Schwächen ein feines politisches Urteil hatte und dieses Urteil in
geschickter Form zum Ausdruck zu bringen wußte. Freilich liefen in seinen
Briefen und selbst in seinen nüchterner und vorsichtiger gehaltenen Be-
richten leicht Übertreibungen und Phantastereien unter. Seine Briefe wie
seine Berichte mußten mit „‚discernement‘ gelesen werden, wie mir einmal
über sie der alte Fürst Hohenlohe sagte. Die Beziehungen zwischen dem
österreichischen Thronerben und unserem Kaiser waren in der Tat, als ich
mit der Leitung der auswärtigen Geschäfte betraut wurde, recht wenig
freundlich. Es ist mir erst später gelungen, dieses Verhältnis zu verbessern.
Es glückte mir das bei der Reise Wilhelms II. nach Wien, im Herbst 1903,
dadurch, daß ich den Kaiser nicht ohne Mühe dahin brachte, durch ein
ausgesprochen freundliches und für sie schmeichelhaftes Entgegenkommen
die Herzogin von Hohenberg zu gewinnen, die den Schlüssel zu dem hoch-
mütigen und trotzigen Herzen ihres finsteren Gatten in ihren schönen
Händen trug. Als die Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem Erz-
herzog die besten und freundschaftlichsten geworden waren, vernichtete
mit dem Leben des Erzherzogs und seiner reizenden Frau das Attentat
von Serajewo auch alle auf dieses unglückliche Paar gestellten Hoffnungen
und Entwürfe. In einem Bericht, den ich bald nach meiner Ernennung zum
Reichskanzler aus Wien erhielt, hatte Philipp Eulenburg gemeldet, daß ihn
Kaiser Franz Josef bei einem Galadiner in der Hofburg in ein längeres Ge-
spräch gezogen habe. Den Ausgangspunkt dieses Gesprächs hätte meine
Ernennung zum Reichskanzler gebildet. Der Kaiser habe geäußert, Kaiser
Wilhelm hätte keine glücklichere Wahl treffen können. Zu dieser Äußerung
Seiner K.und K. Apostolischen Majestät hatte Kaiser Wilhelm ad marginem
bemerkt: „Richtig! Ich wünschte ihm auch einen solchen Kanzler zu
Österreichs Heil.“ Gegenüber Eulenburg hatte Kaiser Franz Josef ge-
äußert: „Ich habe auch sofort an den Grafen Bülow telegraphiert. Es war
mir wirklich ein Bedürfnis. Ich habe mich sehr gefreut.“ Hierzu bemerkte
Kaiser Wilhelm am Rande: „Bravo!“ Am Schluß dieses seines Berichtes
erzählte Eulenburg noch, daß sich Erzherzog Franz Ferdinand ihm gegen-
über auch über das intimere Gebiet seiner Ehe ausgesprochen habe. „Der
Erzherzog wußte mir nur von „vollkommenem Glück“ und „physischem
und moralischem Wohlbefinden“ zu erzählen. Mit gutem Humor hatte
Kaiser Wilhelm ad marginem geschrieben: „Gratuliere.““
Unsere Beziehungen zu Frankreich waren die gleichen, die sie, von
verhältnismäßig geringen ÖOszillationen abgesehen, seit dem Frankfurter