DEM KAISER EIN VERGNÜGEN MACHEN 419
sich durch etwas größeres Entgegenkommen Deutschland gegenüber jeden-
falls vermeiden ließe.
Lord Salisbury, dem die Erwähnung der Unterhaltung mit Mr. Goschen
und die Äußerung desselben wenig erwünscht schien, war auf keine
nähere Erörterung zukünftiger politischer Eventualitäten eingegangen.
Als Graf Hatzfeldt ihn durch Hinweis auf die Unsicherheit der Zukunft
drängte, bemerkte ihm Lord Salisbury, daß England in gewissen Fällen
nach seinem Wappenspruch würde handeln müssen: „Dieu et mon droit.“
Er hatte höflich hinzugefügt, daß er an der freundschaftlichen Absicht der
Sondierung des Botschafters durchaus nicht zweifle. Seine persönliche
Gereiztheit wäre aber sofort wieder hervorgetreten, als Graf Hatzfeldt die
Unterredung von neuem auf Marokko lenkte. Nachdem sich Lord Salisbury
längere Zeit gedreht und gewendet hätte, um jeder eingehenden Äußerung
zu entgehen, meinte er, sein Hauptgrund gegen die fragliche Abmachung
sei seine entschiedene und grundsätzliche Abneigung gegen alle Verträge,
durch die das Besitztum noch lebender Eigentümer im voraus geteilt
werden solle. Als Graf Hatzfeldt einwandte, daß Lord Salisbury ganz das-
selbe seinerzeit bezüglich der Kolonien des England befreundeten Portugal
getan habe, hatte der Premierminister lebhaft erwidert, dies habe Mr. Bal-
four getan, den er dafür nicht tadeln wolle; er, Salisbury, würde das deutsch-
englische Abkommen über die portugiesischen Kolonien nicht geschlossen
haben.
Auf die sofortige und bestimmte Einwendung des Botschafters, daß
er 1899 den wesentlichsten Teil jenes deutsch-englischen Abkommens
mit Lord Salisbury selbst verhandelt und festgestellt habe, hatte Lord
Salisbury mit den Achseln gezuckt und wiederholt, er würde jenes Ab-
kommen mit uns nicht abgeschlossen haben. Als Graf Hatzfeldt ferner
geltend machte, daß es jetzt darauf ankomme, die durch mancherlei
Zwischenfälle, wie Samoa, getrübten Beziehungen zwischen Deutschland
und England wiederherzustellen, und daß die Berücksichtigung unserer
Interessen in Marokko der beste Weg dazu sei, hatte Lord Salisbury mit
einer gewissen Bitterkeit erwidert: „Sie wollen Ihrem Kaiser damit ein
Vergnügen machen, und da soll ich mittun.‘‘ Im weiteren Verlauf seines
Briefes an Holstein erbat Graf Hatzfeldt meine Zustimmung dazu, daß er
derartige gereizte persönliche Äußerungen des Premierministers, insbe-
sondere gegen Seine Majestät den Kaiser, nicht zum Gegenstand seiner
amtlichen Berichterstattung mache, weil dadurch, wie die Dinge lägen, der
größte Schaden angerichtet werden würde. Er werde nicht unterlassen,
alles zu tun, damit die gereizte Stimmung des englischen Premierministers
gegenüber Seiner Majestät dem Kaiser durch eine ruhigere, objektive
Auffassung der politischen Situation ersetzt würde. Dazu gehöre aber Zeit.
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