Gesandter
Mumm von
Schwarzen-
stein
438 DIE MUMMS
lichere Behandlung japanischer Prinzen und Diplomaten zu gewinnen.
Ich bemühte mich namentlich immer wieder, die endliche Beseitigung des
unseren Ostasien-Dampfern aufgenötigten ominösen und für den Japaner
beleidigenden Bildes zu erreichen, wo Deutschland den europäischen
Nationen den heiligen Krieg gegen den armen Buddha predigt. Aber meine
Vorstellungen prallten an dem Eigensinn des Kaisers ab, der bei anschei-
nend oder verhältnismäßig geringfügigen Anlässen noch stärker hervortrat
als in großen Fragen. Er fuhr fort, von der „gelben Gefahr‘ zu sprechen
und von einem „Kreuzzug“ der Weißen gegen die Gelben zu phantasieren.
Nach seiner Rückkehr aus Ostasien schrieb mir Prinz Heinrich von
seinem Gut Hemmelmarck bei Eckernförde: „Gewiß ist Reden Silber und
Schweigen Gold, doch wird es mir furchtbar sauer, bei den jetzigen Ver-
hältnissen den Mund ganz zu halten, und ich muß mir, vertrauend auf die
übliche Nachsicht, Luft machen! Mir will scheinen, als ließe das Strohfeuer
der Chinesen endlich nach. Die Einnahme von Tientsin, Deutschlands und
der übrigen Mächte energische Haltung wirken! Der Süden Chinas ist
immer noch ruhig. Japan beträgt sich musterhaft und verdient volle
Anerkennung. Rußland bat alle Hände voll zu tun. Daher gebe man dem
Russen, was des Russen ist, und Japan, was Japans ist! Wir können gut-
machen, was wir seinerzeit mit Liaotung verfahren haben! Man lasse den
Russen ihren Teil der Mandschurei und einen Teil Korcas und den Ja-
panern den anderen Teil der koreanischen Halbinsel. England wird sich
hierzu gewiß bereit erklären, und hätten wir Frieden unter den Mächten.
Japan alle Anerkennung einer Großmacht zollen, ist nicht mehr denn
klug.“
In den stillen Zeiten, wo sich die Vertreter von dreiunddreißig deutschen
Regierungen jeden Donnerstag in dem stattlichen Palais des Fürsten
Thurn und Taxis in der Eschenheimer Gasse in Frankfurt am Main zu ver-
sammeln pflegten, vertrat mein Vater für die Herzogtümer Holstein und
Lauenburg das Königreich Dänemark. Dänischer Konsul in Frankfurt
am Main war damals ein angesehener Frankfurter Kaufmann aus alter
patrizischer Familie, der von Österreich unter dem Namen Mumm von
Schwarzenstein nobilitiert wurde. Der Sohn Mumm wurde Anfang der
neunziger Jahre als Legationssekretär der Kaiserlichen Gesandtschaft in
Bukarest zugeteilt, während ich dort als Gesandter tätig war, und ich fand
Gelegenheit, seine Pflichttreue, seine Arbeitskraft, seine Kenntnisse zu
schätzen. Speziell von wirtschaftlichen und handelspolitischen Fragen
verstand er mehr als die meisten deutschen Diplomaten jener Tage. Als
Herr von Ketteler von den Chinesen ermordet worden war, ließ ich Herrn
von Mumm zu mir bitten und frug ihn, ob er die Nachfolge übernehmen
wolle. Er nahm mein Anerbieten sogleich und mit sichtlichem Vergnügen