Intrigen
Philipp
Eulenburgs
450 PHILI IIETZT
„Quand on veut noyer son chien, on dit qu’il est galeux“, sagt das von mir
gern zitierte französische Sprichwort.
Bedenklich war die Art und Weise, wie Philipp Eulenburg im Sommer
1899 einen auf seinem Gute Liebenberg ausgebrochenen Brand benutzte,
um den Kaiser gegen die Sozialdemokratie aufzustacheln. Er schrieb
Seiner Majestät, es sei erwiesen, daß Brandstiftung vorläge. Auf Veran-
lassung des Staatsanwalts wäre ein Arbeiter verhaftet worden, der vor
einigen Jahren zugezogen sei und von dem das Gerücht ginge, daß er
Sozialdemokrat wäre. Der Brand sei „entsetzlich“ gewesen, der Zustand
im Schloß, Wirtschaft und Dorf „fast unerträglich“. Seine Kinder, die
beim Löschen und Retten in wahrhaft großartiger Weise mitgeholfen
hätten, schliefen, von Phantasien aller Art geplagt, keine Nacht mehr.
Selbst vernünftige alte Leute sähen überall Brandstifter, Mörder und Ver-
brecher! Liebenberg gliche einem im Kriege verwüsteten Ort. Der Staats-
anwalt sei außer sich und sehr erschrocken. Es hieß dann wörtlich: „Ich
glaube annehmen zu müssen, daß Sozialdemokraten an der Arbeit sind, um
Unfrieden, Sorge zu stiften. Meine Leute sind ohne Ausnahme so unge-
wöhnlich gut gestellt und logiert, es ist ein so gutes Verhältnis zwischen
ihnen allen und meinem eigenen Hause, daß Brandlegung oder auch nur
ein verbrecherischer Gedanke ausgeschlossen ist.“ Derartige Insinuationen
waren deshalb gefährlich, weil Wilhelm II. nach seiner Mentalität und
ganzen Natur die sozialdemokratische Bewegung gleichzeitig über- und
unterschätzte. Einerseits hatte er sie bei der Entlassung des Fürsten Bis-
marck öffentlich für „eine vorübergehende Erscheinung“ erklärt, deren
Überwindung er auf sich nähme. Andererseits sah er dann wieder in den
Sozialdemokraten eine Rotte wüster Verschwörer und Mordbrenner, die
nur auf den Augenblick lauerten, Leitern an das königliche Schloß in Berlin
anzulegen, um, ein Messer zwischen den Zähnen und einen Revolver in der
Hand, in die Schlafzimmer der Majestäten einzusteigen und sie samt den
kaiserlichen Prinzen zu erwürgen. Wilhelm II. schätzte weder die ungeheure
Gefahr richtig ein, mit der die Sozialdemokratie Macht und Glück, Wohl-
fahrt und Zukunft des Deutschen Reichs bedrohte, noch kannte er die
tiefen Wurzeln, die sie in den Herzen der Arbeiter geschlagen hatte, die
blendende Dialektik, durch die sie auch auf Gebildete wirkte, den ethischen
Kern, den ich ihr, obschon ich sie als nach meiner Überzeugung für uns
verderblich und unheilvoll bekämpfte, doch nicht absprechen konnte. Was
den Liebenberger Brand angeht, so stellte sich übrigens bald heraus, daß
die Sozialdemokratie nichts damit zu tun hatte.
In allen Briefen, die ich von Eulenburg erhielt, spielte der Gemüts-
zustand der Kaiserin eine große Rolle. Als ich kurz vor meiner Ernennung
zum Reichskanzler nach Hubertusstock befohlen wurde, war mir Philipp