DIE FÖDERALE GRUNDLAGE 481
zu ahnen, daß ich dort einmal neben Fehrenbach, Joseph Wirth und Gustav
Bauer hängen würde. Ich brauche wohl kaum zu sagen, daß der königliche
Gesandte in München, Graf Anton Monts, sobald ich München verlassen
hatte, an mich einen Bericht richtete, um den nach seiner Behauptung
überwältigenden Eindruck zu schildern, den ich dort hervorgerufen hätte.
Er meldete amtlich: „Die heutige Nummer der ‚Münchner Neuesten Nach-
richten‘ bringt an erster Stelle eine offenbar von der Geheimkanzlei Seiner
Königlichen Hoheit des Regenten inspirierte Meldung über den Aufenthalt
Eurer Exzellenz in München und die von den hiesigen leitenden Persönlich-
keiten gewonnenen günstigen Eindrücke. Übereinstimmend mit dem Inhalt
dieser Meldung versicherte Generaladjutant von Wiedemann mir wieder-
holt, der Regent sei geradezu entzückt gewesen. Obgleich er, Wiedemann,
viele Jahre die Ehre habe, zur nächsten Umgebung Seiner Königlichen
Hoheit zu gehören, so sei es ihm doch bisher nicht vorgekommen, daß sein
in der Regel wenig expansiver Herr sich so befriedigt über einen persön-
lichen Eindruck aussprach. Desgleichen erzählte mir der Hofmarschall
Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig, daß auch sein gnädiger
Herr Worte hoher Anerkennung über die mit Eurer Exzellenz gehabte Aus-
sprache geäußert habe. Freiherr von Crailsheim, den ich nach Eurer Exzel-
lenz Abreise noch zu sprechen Gelegenheit nahm, wies zunächst auf die
außerordentliche Befriedigung Seiner Königlichen Hoheit des Regenten
hin. Während der Regent sich sonst bei ähnlichen Anlässen mit Vorfahren
und Kartenabgabe begnüge, sei der längere Besuch des hohen Herrn bei
Eurer Exzellenz im Hotel ein sicheres Zeichen dafür, wie sympathisch
Höchstihm Eure Exzellenz als Persönlichkeit wären. Er, der Minister,
erhoffe von dieser guten Disposition des Staatsoberhaupts weitere Förde-
rung der Berlin-Münchener Beziehungen. Ferner hätten Eurer Exzellenz
von ehrendem Vertrauen zeugende Eröffnungen seine und seiner Minister-
Kollegen ohnehin schon bestehende Verehrung für den neuen verantwort-
lichen ersten Reichsbeamten noch mehr vertieft. Die Versicherung, auf den
bewährten Bahnen Bismarckscher, der föderalen Grundlage des Reichs
gerecht werdender innerdeutscher Politik wandeln zu wollen, müsse der
bayrischen Regierung zur höchsten Genugtuung gereichen. Ferner sprach
der Minister des Innern mir noch gestern abend seine wärmsten Glück-
wünsche aus anläßlich des so überaus befriedigenden Verlaufs des Besuchs.
Auch andere Persönlichkeiten, wie Graf Berchem, Professor von Hertling,
die beiden Bürgermeister usw., äußerten sich in ähnlichem Sinne. Zum
Schluß bechre ich mich, das eingangs erwähnte Communiqu& sowie einen
kurzen, auch dem weiteren Münchener Publikum gerecht werdenden
lokalen Artikel der ‚Münchner Neuesten Nachrichten‘ gehorsamst einzu-
reichen. Übrigens hebt auch die ‚Allgemeine Zeitung‘ in ihrem heutigen
31 BülowI
Bricf des
Grafen Monts