Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

XXXI. KAPITEL 
Fortsetzung der Rundreisen: Karlsruhe, Darmstadt, Dresden » Verleihung des Schwar- 
zen Adlerordens (23. XII. 1900) - Glückwunsch des Fürsten Hohenlohe - Prinz Max 
von Baden, Prinz Alexander von Hohenlohe-Schillingsfürst, Erbprinz Erni von Hohen- 
lohe-Langenburg + Diplomatische Personalien: Fürst Radolin nach Paris, Graf Alvens- 
leben nach Petersburg » Ängstliche Briefe Eulenburgs - Freiherr von Mirbach und 
Dr. Hugo Preuß 
er Großherzog von Baden hatte mich aufgefordert, ihn in seinem Schloß 
in Baden-Baden aufzusuchen. Der große Maler Hans Thoma hat ein 
Beim Bild von dem Großherzog Friedrich geschaffen, das dessen Wesen wunder- 
Großherzog har wiedergibt: die Verbindung einer idealistischen Weltanschauung mit 
von Baden jem Verständnis für die Forderungen des praktischen Lebens, große, 
wahre Herzensgüte und dabei ein fester Charakter, wirkliche Vornehmheit, 
verbunden mit Geist und getragen von Geist. Die Großherzogin Luise 
stand ihrem Gemahl nicht nur mit dem größten Verständnis für dessen 
Bedeutung gegenüber, sondern sie ergänzte ihn in glücklicher Weise. Ich 
glaube, daß auch das patriarchalische Deutschland keine Fürstin gekannt 
hat, die ihren Beruf als Landesmutter mit größerer Pflichttreue ausübte. 
Sie tat in dieser Beziehung vielleicht zu viel, wenn es möglich ist, des Guten 
zu viel zu tun. „Elle creerait des malheurs pour pouvoir les soulager“, hat 
von ihr ein maliziöser französischer Diplomat gemeint. Ein ungerechtes 
Wort, denn die Tränen, die sie getrocknet, die Wunden, die sie verbunden 
und geheilt hat, das viele Gute, das sie tat, werden nie vergessen werden. 
Der Großherzog empfing mich in seinem Arbeitszimmer, aus dessen 
Eckfenster man eine herrliche Rundsicht auf Baden-Baden, die uralte 
Civitas Aurelia Aquensis, die bewaldeten Vorberge des Schwarzwaldes und 
die Rheinebene hatte. Er war ein Mann der Vermittlung und der Ver- 
söhnung. Er war völlig einverstanden mit meiner Absicht, der Landwirt- 
schaft zu helfen, ohne Handel und Industrie zu schädigen. Er hielt es für 
eine Notwendigkeit, den Flottenbau fortzuführen ohne Zusammenstoß mit 
England, aber andererseits auch nicht in Abhängigkeit von England zu 
geraten und namentlich uns nicht wegen Englands in Gegensatz zu Rußland 
zu stellen. Seine Hauptsorge war der Kaiser, den er nicht nur als den 
Schlußstein der deutschen Einheit ansah, sondern auch als Menschen und
	        
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