Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

28 DER GESANDTE FÜR OLDENBURG 
Examen gemacht, ein schr gutes Examen. Er war drei Jahre jünger als ich 
und wollte sich wie ich dem diplomatischen Dienst widmen. Er suchte sich 
mir zu nähern, gefiel mir aber nicht besonders. Er war weder Offizier ge- 
wesen noch Korpsstudent, und wie man auch über Offiziere und Korps- 
studenten im allgemeinen denken mag, so ist doch nicht zu bestreiten, daß 
der nun einmal zu Formlosigkeit neigende junge Deutsche in ihrer Schule 
manierlicher wurde. Monts hatte schlechte Manieren. Er war sehr taktlos. 
Dabei war er ein „Streber“, allzusehr und zu sichtlich auf das „,Avancement“ 
bedacht. Hyperkritisch und arrogant, wo er sich das erlauben zu können 
glaubte, servil und aufdringlich mit Stärkeren. Alsich Gesandter in Bukarest 
wurde, witterte er in mir einen „risingman“, einen kommenden Mann, und 
richtete von Zeit zu Zeit Briefe an mich, in denen er seiner Sympathie für 
mich stark aufgetragenen Ausdruck gab. Nicht allzu lange nachher präsen- 
tierte er die Rechnung für sein Schweifwedeln. Er hatte als Generalkonsul 
in Budapest nicht besonders abgeschnitten. Beinahe ebenso schlecht wie vor- 
her als Botschaftsrat in Wien. Der langjährige österreichisch-ungarische Bot- 
schafterin Berlin Graf Szögyenyi pflegte zu sagen: „Zisleithanien und Trans- 
leithanien sind leider meist verschiedener Meinung, nur in einem Punkt sind 
sie einig: Zisleithanien und Transleithanien finden beide den Montsgrauslig.““ 
Nach seinem Fiasko in Pest wie in Wien sollte Monts als wenig 
geeignet für europäische Posten nach Rio de Janeiro versetzt werden. 
Er richtete einen Hilferuf an mich („Aus tiefster Not schrei ich zu 
Dir!‘“) und beschwor mich, ihn durch meine guten Beziehungen zum 
Auswärtigen Amt vor einem Posten zu retten, der bei seiner schlechten 
Gesundheit für ihn einen frühen Tod bedeuten würde („Bin ich doch noch 
80 jung, so jung!“ schloß sein nicht ohne Geist geschriebener Brief). Es 
gelang mir, die maßgebenden Herren im Auswärtigen Amt zu bestimmen, 
ihn statt in eine andere Hemisphäre nach Oldenburg, der von Wittekinds 
Enkel Walbert gegründeten und nach seiner Gattin Altburga benannten, 
behaglich an der Hunte gelegenen kleinen norddeutschen Residenz zu 
schicken, wo er jedenfalls im Schatten der St.-Lamberts-Kirche weniger für 
seine Gesundheit zu zittern brauchte als am Fuß des von tropischer Sonne 
bestrahlten Zuckerhuts, des Pao de Assuecar. In Oldenburg debütierte 
Monts mit einem Witz, der mir gefiel, der ich für Witze nun einmal eine 
Schwäche habe. Zur Antrittsaudienz bei Seiner Königlichen Hoheit dem 
Großherzog erschien Monts nicht im vorschriftsmäßigen Zylinder, sondern 
im runden Hut. Auf diesen Verstoß gegen die Etikette von einem darob 
entsetzten großherzoglichen Kammerherrn aufmerksam gemacht, er- 
widerte der neue Gesandte: „Kleiner Hof, kleiner Hut.“ Seit ich ihn vor 
Rio gerettet hatte, schrieb mir Monts häufiger. Sobald ich zum Gesandten 
in Bukarest avanciert war, hatte er mir am 3. Mai 1888, zu meinem
	        
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