DREI SÜDDEUTSCHE ARISTOKRATEN 493
von Überfluß sei, Ihnen noch weitere Wünsche auszusprechen. Aber ich
meine, etwas gibt es, was man jedem wünschen kann und was mehr wert
ist als die äußeren Ehren und Erfolge, das ist, wie schon Schopenhauer
ausgeführt hat, die Gesundheit. Und das wünsche ich Ihnen und namentlich
dem Reichskanzler, daß er sich dieselbe bei seiner aufreibenden Tätigkeit
bewahre, damit er lange Jahre an der Stelle erhalten bleibe, an der gerade
er wie kein anderer Großes und Nützliches wirken kann. Es wird Ihnen in
der letzten Zeit gewiß soviel Schmeichelhaftes über ihn zu Ohren gekommen
sein, daß es fast banal aussieht, wenn ich in diesen Chor einstimme. Aber
ich muß Ihnen doch sagen, daß ich seine Reden im Reichstag meisterhaft
gefunden habe, sowohl in der Form wie in der Sache. Und was mich daran
zwar nicht erstaunt, aber besonders gefreut hat, das war, daß er sich in
ihnen nicht nur als ein hervorragend geschickter Politiker und Staatsmann
gezeigt hat, sondern auch als ein selbständiger Charakter nach allen Seiten
hin. Das ist es gerade, was wir so notwendig haben und was die hohe Mei-
nung, die ich stets von ihm hatte, wenn möglich noch verstärkt hat. Ich
bin sehr gespannt, zu sehen, in welches Zauberschloß Sie inzwischen das
alte Reichskanzlerpalais verwandelt haben werden! Von meinem Vater
habe ich unberufen sehr gute Nachrichten aus Meran.“
Alexander Hohenlohe gehörte mit dem Erbprinzen Ernst von Hoben-
lohe-Langenburg und dem Prinzen Max von Baden zu einer Gruppe
süddeutscher Aristokraten, die jeder in seiner Weise eine Rolle in unserem
politischen Leben gespielt haben. Von diesen drei Herren war Alexander
Hohenlohe der begabteste. Er war ein guter Verwaltungsbeamter, er würde
einen guten Gesandten und Botschafter abgegeben haben. Er vereinigte
vornehme Gesinnung mit freiem Blick und offenem Kopf. Mein Wunsch,
ihn im diplomatischen Dienst zu verwerten, scheiterte an dem Widerspruch
des Kaisers, der Alexander Hohenlohe nie gemocht hatte und ihn später,
als er die Veröffentlichung der Denkwürdigkeiten seines Vaters nicht ver-
hinderte, ganz und heftig en grippe nahm. Prinz Max von Baden erweckte
allerlei Hoffnungen, enttäuschte aber alle, als er auf eine ernste Probe
gestellt wurde. Als Wilhelm II. die unglückliche Idee hatte, diesen char-
manten Dilettanten, noch dazu in einem unendlich schwierigen Augenblick,
zum Reichskanzler zu erwählen, war ein fürchterliches Fiasko unvermeid-
lich. Max von Baden war nicht der „Verräter“ noch der „Schurke“, als
den ihn seit den trüben Novembertagen 1918 der nun einmal starke Aus-
drücke liebende Kaiser hinstellte. Aber er gehörte zu den Leuten, die, in
kritischer Stunde gewogen, zu leicht befunden werden. Der politisch un-
brauchbarste der drei genannten Aristokraten war der damalige Erbprinz
Ernst von Hohenlohe-Langenburg, der genügte, solange er als Regent von
Sachsen-Koburg-Gotha (von 1900 bis 1905) es dabei bewenden ließ, die