Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

Monts über 
Bayern und 
das Reich 
34 A LA FRIEDRICH WILHELM IV. 
Aspiration wieder zufließen. Hohenlohe sprach neulich meo voto schr gut. 
Wie freundlich bereitet doch die Bismarckpresse Herbert Bismarck einen 
Unterschlupf in einer Botschaft vor. Könnte man mit dem Opfer den Alten 
bekehren und mundtot machen, mag es darum sein. Da das aber nicht der 
Fall sein wird, kann man Holstein und Marschall nicht diesen Pfahl ins 
Fleisch setzen, der im besten Falle ein ungenügender Vertreter wäre, ver- 
mutlich aber nur Mordsstänkereien machen dürfte.“ 
Nachdem Monts, nicht zum wenigsten durch meine Fürsprache bei 
Hohenlohe, Gesandter in München geworden war, schrieb er mir von dort 
am 24. Februar 1895: „Nicht gut lauten die mir aus Berlin zugehenden 
Nachrichten. 5. M. ist schr traurig über den Fortgang und die Entfremdung 
der Engländer, weil er doch nun kaum nach Cowes kann!! Daher läuft er 
leider wieder diesen Leuten nach, gerade das Umgekehrte, was er tun sollte! 
Entsendung der ganz überflüssigen Gardeducorps-Deputation, Privat- 
brief an die schnapsende Großmutter und mündliche, ebenso wie der Brief 
dem Amte unbekannte Aufträge des Flügeladjutanten Arnim an die alte 
Hökerin. Üble Stimmung von Seiner Majestät, läßt er namentlich die Kon- 
servativen fühlen. Anstatt diesen geschlagenen Leuten goldene Brücken zu 
bauen, scheint er sie leider noch zu verhöhnen. Wie man mir sagt, ist die Miß- 
stimmung dieser Leute, auf die wir doch nun einmal angewiesen sind, daher 
eine hochgradige. Die jüdischen Kommerzienräte sind sehr gekränkt über 
den unterbliebenen Umzug auf dem Subskriptionsball, Hofbälle finden 
nicht statt, weil S. M. die Berliner Gesellschaft für den Fall Kotze strafen 
will. Kurz, es sieht trübe aus, ä la Friedrich Wilhelm IV. Sehr gut geht es 
nur mit der äußeren Politik. Die Krüger-Depesche findet meinen vollen 
Beifall. Wenn man nur nicht zurückzoppt! Auch die ostasiatische Politik 
findet jetzt allgemeine Billigung, ebenso unsere Haltung am Goldenen 
Horn. In erster Linie kann man dies wohl alles Holstein aufs Konto schrei- 
ben. Freilich, ohne Hohenlohe wäre er machtlos, zusammen aber arbeiten 
Feldherr und Generalstabschef in mustergültiger Weise. Etwas zu kurz 
kommen nur die inneren deutschen Dinge. Speziell in München geht die 
Sache gar nicht gut. Bayern handelt zielbewußter in Einrichtung seiner 
Stellung im Reich als je. Wir schwanken zwischen völligem Nachlassen der 
Zügel und gelegentlichem Aufbrausen. $.M., der Prinz Ludwig im Sommer 
in München den Wagenschlag öffnete und ihm dann das Wehen seiner 
Flagge auf der Schiffsjungengondel verbieten will, ist dafür typisch. Haus 
Wittelsbach versichert sich jetzt vor allem der Armee, die ich als rein 
dynastisch kennzeichnen muß. Wir haben mit Aufgabe des Inspektions- 
rechtes die letzte Handhabe verloren. Wo in einem Konfliktsfalle die 
bayrische Armee stünde, ist zweifellos. Die Illusionen darüber in Berlin 
kann ich nur belächeln. Eigentümlich ist Crailsheims Haltung. Die Schil-
	        
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