Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

DER HAKATISTEN-VEREIN 567 
der, ohne seine Nationalität zu verleugnen, während des ganzen Welt- 
krieges seine Pflicht als preußischer Offizier, als Schloßhauptmann von 
Posen und als Mitglied des Herrenhauses erfüllte, erzählte mir mit Er- 
staunen, er habe im Sommer 1914 konstatieren müssen, daß Korfanty, 
der von unseren Militärbehörden nicht ohne Grund als verdächtig vigiliert 
wurde, auf der Reichskanzlei von Exzellenz Wahnschaffe und einen Stock 
höher vom Reichskanzler Bethmann Hollweg mit Auszeichnung und Ver- 
trauen behandelt wurde. 
DerVorsitzende des Deutschen Ostmarkenvereins, HerrvonTiedemann- 
Secheim, schrieb am Tage nach meiner großen Polen-Rede, am 14. Januar, 
an den Chef der Reichskanzlei, Conrad: „Mit großer Freude habe ich wahr- 
genommen, wie es dem Reichskanzler gelungen ist, sich in immer steigendem 
Maße die Sympathien des preußischen und des deutschen Volkes zu er- 
werben! Ich verkehre in so vielen Volksschichten, daß ich mich in dieser 
Wahrnehmung nicht täusche. Gestern ist es nach meiner innersten Über- 
zeugung dem Reichskanzler beschieden gewesen, sich das unbedingte Ver- 
trauen der deutschen Volksseele zu erobern. Bülow hat einen in seinen Folgen 
nicht hoch genug zu veranschlagenden Erfolg errungen: er hat der Welt ge- 
zeigt, daß er das difhizile Roß der inneren Politik ebenso sicher wie geschickt 
zu reiten versteht! Der führende Staatsmann kann nur Großes leisten, 
wenn er sich der freudigen Zustimmung der guten und loyalen Elemente 
seines Landes gewiß weiß. Dieser Überzeugung kann der Reichskanzler 
nunmehr getrost leben! Daß der von ihm vorgezeichnete Weg zur Lösung 
der Ostmarkenfrage der richtige ist, der auch zweifellos zum Siege führen 
muß, brauche ich Ihnen gegenüber, der Sie ein Sohn unserer Ostmark sind, 
wahrlich nicht hervorzuheben.“ Der preußische Gesandte in München 
meldete am gleichen Tage: „Graf Crailsheim äußerte heute zu mir, die ein- 
drucksvolle Art und die Entschiedenheit, mit der von Eurer Exzellenz die 
Wreschener Interpellation erwidert wurde, habe er nur freudigst begrüßen 
können. Die Polen seien unverbesserlich, und je energischer die preußische 
Regierung den Pol t t in der Ostmark entgegentrete, 
um so größere Verdienste erwerbe sie sich um Deutschland. Übrigens sei 
ihm, dem Minister, die Nuancierung keineswegs entgangen, mit der Eure 
Exzellenz des Verhaltens unserer beiden Nachbarn gedacht hätten. Das 
schlaffe Österreich, wenn man überhaupt noch von einer k. k. Regierung in 
Galizien reden könne, hätte selbst über eine härtere Sprache unsererseits 
nicht klagen können. Gleiche Genugtuung wie der Minister empfinden alle 
hiesigen nationalen Elemente. Die liberale Presse sorgt in anerkennens- 
werter Weise weiter für Richtigstellung der von polnischer Seite verbreiteten 
Märchen. Gleichzeitig wird erneut auf die fortgesetzte Mißhandlung der 
nichtpolnischen Majorität Galiziens durch die Schlachta hingewiesen und
	        
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