Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

BÜLOW SCHLÄGT DEN FÜRSTENTITEL AUS 595 
kaum zwei Stunden geschlafen, fuhr ich nach Potsdam, wo der Kaiser 
weilte, und bat ihn dringend, von dieser Standeserhebung abzusehen. Ein- 
mal wäre es mir peinlich, für einen im inneren Parteikampf erfochtenen 
Sieg eine größere Auszeichnung zu erhalten. Dann aber verspürte ich über- 
haupt kein Verlangen nach einer Standeserhöhung. Das waren nicht nur 
Worte, sondern diese Worte entsprachen meinem inneren Empfinden. Ich 
war und bin stolz auf meinen alten Namen. Ich sehe nicht ein, warum ich 
mich nicht darüber freuen soll, daß die Familie, deren Namen ich trage, 
schon vor 800 Jahren in das Licht der Geschichte trat. Ich bin auch heute 
noch stolz darauf, daß meine Familie ihrem alten Wappenspruch „Alle 
Bülowen ehrlich“ Ehre gemacht hat, daß sie auf vielen Gebieten dem deut- 
schen Volk treffliche Männer schenkte. Schon als Schüler des Pädagogiums 
in Halle schrieb ich auf die erste Seite der von Varnhagen von Ense ver- 
faßten Biographie des Generals Bülow von Dennewitz die Worte der 
Iphigenie: 
Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt, 
Der froh von ihren Taten, ihrer Größe 
Den Hörer unterhält und still sich freuend 
Ans Ende dieser schönen Reihe sich 
Geschlossen sieht! 
Ich fühlte mich aber als Herr von Bülow gerade so zufrieden und gerade 
so gut wie als Graf und Fürst. Der Kaiser gab ungern nach und meinte 
schließlich, er habe schon an meine Schwiegermutter nach Rom telegra- 
phiert, daßihre Tochterjetzt wieder Principessa würde. Ich bestand aufmeiner 
Weigerung. Es gelang mir auch, das Telegramm an Donna Laura Minghetti 
unterwegs abzustoppen. Ich lasse es im Wortlaut folgen, weil es ein Beweis 
für die große Herzensgüte, für die Liebenswürdigkeit und Spontaneität Wil- 
helms II. ist: „Bernardo Bülow grande vittorie tarifale in Parlamento perciö 
creato Principe di Bülow e la vostra figlia Principessa. Guglielmo I. R.“ 
Der ausgezeichnete Rechtslehrer an der Berliner Universität Professor 
Heinrich Dernburg, der Verfasser eines klassischen Lehrbuchs der Pan- 
dekten,telegraphierte mir: „Meinen Glückwunsch zu dem mannhaften, mit 
gerechten Mitteln und in guten Treuen erkämpften Siege über Schikane und 
Volksverführung.“ Dr. E. Schwetschke erfreute mich mit den nachstehen- 
den Versen: 
Es lebe hoch der Zolltarif 
Und Er, der g’rade macht, was schief! 
Ich sag’ es unverhohlen, 
Doch höher soll Er leben noch. 
Macht er uns autonom vom Joch 
Des Erzfeinds erst — der Polen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.