Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

Philipp 
Eulenburg 
tritt in Ruhe- 
stand 
XXXVIML KAPITEL 
Romreise Wilhelms II. » Vorheriges diplomatisches Revirement: Philipp Eulenburg 
tritt zurück, Karl Wedel sein Nachfolger in Wien, Monts kommt nach Rom « Das Ge- 
folge des Kaisers - Sein persönliches Verhältnis zu Viktor Emanucl III. - Bülows Unter- 
redungen mit dem König von Italien und mit Giolitti « Wilhelm II. bei Leo XIII., 
seine Niederschrift über den Verlauf der Unterredung » Kostbares Geschenk des 
Papstes an Bülow - Empfang der kaiserlichen Dienerschaft durch Seine Heiligkeit + Ver- 
trauliche Meldungen von Philipp Eulenburg über die Stimmung Seiner Majestät, über 
Ihre Majestät und das Leben auf der „Hohenzollern“ 
Sei längerer Zeit war eine Reise des Kaisers nach Rom in Aussicht ge- 
nommen. Wilhelm II. hatte den Besuch zu erwidern, den im August 1902 
König Viktor Emanuel in Berlin und Potsdam abgestattet hatte. Nach 
mehrfachen Verhandlungen zwischen den beiden Höfen wurde die Reise 
für den Mai 1903 festgesetzt. 
Der Kaiser fuhr immer gern nach Italien, für dessen Kunstschätze und 
landschaftliche Reize er wie seine Eltern schwärmte. Auch drängte es 
ihn, Leo XIII. wiederzusehen, dessen überlegener Geist große Anziehungs- 
kraft auf ihn ausübte. 
Dieser Romfahrt des Kaisers war ein bedeutsames Revirement voraus- 
gegangen. Der Botschafter in Wien, Fürst Philipp Eulenburg, war in den 
einstweiligen Ruhestand getreten. Ich hatte ihn ungern aus Wien scheiden 
sehen, wo er sich einer guten Stellung erfreute, dem alten Kaiser Franz 
Josef sympathisch war und sich mit seiner ungewöhnlichen Kunst der 
Menschenbehandlung in weiten Kreisen Einfluß verschafft hatte. Über die 
Gründe seines Rücktritts bin ich mir nie ganz klargeworden. Als der 
unglückliche Mann sechs oder sieben Jahre später zusammenbrach, wurde 
behauptet, er sei seinerzeit unter dem Druck gegen ihn gerichteter Erpres- 
sungen aus Wien gewichen. Beweise lagen nicht vor. Ich möchte eher an- 
nehmen, daß Eulenburg sich in dem Irrgarten mannigfacher Intrigen so 
sehr verloren hatte, daß er keinen anderen Ausweg als den Rücktritt sah, 
einen Rücktritt, den er freilich nicht als einen endgültigen ansah. Er blieb 
mehr als je bemüht, sich die Gunst und Freundschaft des Kaisers zu 
erhalten. 
Zum Verständnis der Situation muß ich in wenig erfreuliche Verhält-
	        
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