Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

HOF UND GENERALITÄT FÜR STAATSSTREICH 39 
allseitig ernste Zweifel auf. Die Offizierkorps leben allgemein über ihre 
Verhältnisse, das Gift der Sozialdemokratie frißt sich immer tiefer in die 
Reihen der gemeinen Soldaten hinein. Über die parlamentarische Misere 
brauche ich Ihnen nichts zu sagen. Ich komme oft mit alten Freunden 
aus der konservativen Partei zusammen und war entsetzt über die Ansich- 
ten derselben, gerade der klügsten von allen, Leo Buch, Heydebrand usw. 
Auch hier trat wieder ausgesprochene Abneigung gegen $.M. zu Tage. 
Ihren früheren Militärattach& Engelbrecht sah ich auch, er zeigte sich ver- 
stimmt und resigniert, hofft auf eine Brigade und dann auf den baldigen 
Abschied mit besserer Pension. Das Fazit aus allen diesen Unerfreulich- 
keiten, von denen freilich Hohenlohes nicht gering zu schätzende innere 
Pazifierungspolitik sich vorteilhaft abhebt, ist meo voto die Notwendigkeit, 
allseits schr kurz zu treten. Solange Hohenlohe und Holstein die Zügel der 
auswärtigen Politik trotz gelegentlicher Eingriffe des Kaisers fest in der 
Hand halten, werden wir schon gut weiter lavieren. Was aber dann!? Nach 
innen sprechen Hof und Generalität noch immer von Staatsstreich. Wen- 
det man dann ein, dies sei das Ende des Reichs, dann heißt es: Um so besser, 
dann werden wir wieder ein Groß-Preußen mit 35—40 statt ein Reich mit 
10—20 Millionen unzuverlässiger Einwohner mehr. Gott sei Dank fühlt 
S. M. aber durchaus deutsch und kaiserlich. Auch steht er dem Blödsinn des 
Bimetallismus, des Antrags Kanitz usw. durchaus feindlich gegenüber. 
Phili Eulenburg sah ich in Berlin, leider recht abgespannt und celend, 
vorigen Sonntag begegnete ich ihm wieder, gottlob schr viel frischer und 
gesünder ausschend. Stets Ihr getreuer Anton Monts.“
	        
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