Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

614 VERGLEICH MIT FRIEDRICH DEM GROSSEN 
leider geschehen noch viele Attentate, wie zum Beispiel beim König Humbert 
(‚Il a &t& tue, cruellement tu&!‘). Aber auch in geistiger Beziehung sei mit 
dem Bösen zu kämpfen, und man müsse die Religion dagegen verteidigen 
und stärken. Er wisse, daß Ich Mich mit religiösen Fragen viel beschäftige, 
zumal was die Bibelforschung betreffe, es werde Mich interessieren zu er- 
fahren, daß er cine Kommission habe zusammentreten lassen zur Neu- 
erforschung der Bibel. Die Bibliothek und alle Archive seien ihr geöffnet 
und zum Beweis dessen, wie hoch er deutschen Forschungsgeist und deutsche 
Wissenschaft schätze, erwähnte er, daß elf Deutsche mit in die Kommission 
hineinberufen seien. Er habe überhaupt in den letzten Tagen viel mit 
Deutschen zu tun gehabt. Er habe mehrere Pilgerzüge von Deutschen, 
darunter 2000 aus Köln allein, zu empfangen die Freude gehabt, habe sich 
gefreut über ihre gläubige und andächtige Haltung. Eine Anzahl deutsche 
Bischöfe seien anwesend, denen er befohlen habe, sich Mir vorzustellen, 
kurzum, er sei von Deutschen umgeben und sei in der letzten Zeit beinahe 
ein halber Deutscher geworden (‚Je suis devenu presque un demi Allemand‘). 
Ich: Ich freute Mich, daß die Frömmigkeit Meiner Untertanen und Lands- 
leute ihm angenehm aufgefallen sei, und könnte ihm versichern, daß gewiß 
die deutschen Katholiken die religiösesten und in deutscher Treue ihm er- 
gebensten Söhne der Kirche seien. Er: Nicht nur mit Karl dem Großen 
wolle Er Mich vergleichen, sondern Ich schiene ihm auch den Bahnen 
Meines großen Ahnen Friedrich II. zu folgen. Als er jünger gewesen, habe 
er eifrig des Königs Leben studiert und eine große Bewunderung für den 
Flug seines Geistes sowie für die Größe seiner Auffassungen religiösen 
Gemeinschaften gegenüber gehegt; er habe stets gut für die Interessen seiner 
katholischen Untertanen gesorgt, denn als er Schlesien erobert habe, habe 
man dort große Sorge gehabt, es werde den Katholiken schlecht gehen. 
Aber nichts von alledem. Der König habe in großherziger Weise den Katho- 
liken die Ausübung ihrer Religion gewährleistet und für ihr Wohl Sorge 
getragen, und was dieser große Mann getan habe, das tue auch Ich, und 
daher wolle er Mich auch mit Friedrich dem Großen vergleichen. Er müsse 
allerdings zugeben, daß König Friedrich II. persönlich in puncto religionis 
nicht gerade überwältigend gläubig gewesen sei (‚Il Etait peu croyant‘). 
Um so höher müsse man es einschätzen, daß der König trotzdem so viel 
für die Erhaltung der Religion und dabei auch für die katholische Kirche 
getan; er hoffe, Ich würde auch in dieser Hinsicht diesem guten Beispiel 
folgen. Ich: Seine Heiligkeit verwöhnten Mich, und vor all dem Lob müsse 
Ich verlegen werden; Ich würde jedenfalls seinem guten Rate folgen. Wenn 
Ich noch einmal auf seinen Vergleich mit Karl dem Großen und seiner 
Mission zurückkommen dürfe, so gestattete Ich Mir die Bemerkung, daß 
das große Weltimperium des Römischen Reiches, das auf Leos III. Geheiß
	        
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