Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

XXXIX. KAPITEL 
Tod Leos XIII. (20. VII. 1903) © Geheimer Bericht des Kardinals Kopp über das 
Konklave - Herbstmanöver « Reise nach Wien, Erzherzog Franz Ferdinand und seine 
Gemahlin » Wilhelm U. macht nach einigem Widerstreben der Fürstin von Hohenberg 
einen Besuch » Bülows Unterredung mit Goluchowski - Audienz bei Kaiser Franz 
Josef » Der italienische Botschafter Graf Nigra - Kaiser Nikolaus in Hessen, Wilhelm II. 
in Wolfsgarten (4. XI. 1903) « Die Möglichkeit eines russisch-japanischen Zusammen- 
stoßes rückt nüher - Unterredungen mit Graf Lambsdorll und Kaiser Nikolaus « Ge- 
spräche der beiden Kaiser - Stimmlippenoperation Wilbelms II., seine mutige Haltung 
m Laufe des Sommers übersandte Leo XIII. meiner Frau durch den 
Kardinal Kopp mit dem apostolischen Segen ein schönes Medaillon mit 
seinem Bild und ließ ihr dabei sagen, er wolle, daß sie nach seinem, wohl 
nicht in allzu ferner Zeit zu erwartenden Tode ein Andenken an ihn hätte. 
Am 20. Juli starb dieser große Papst, der nicht mit Unrecht neben Inno- 
zenz III. im Lateran, omnium eccelesiarum urbis et orbis mater et caput, 
beigesetzt ist. Über die Wahl seines Nachfolgers sind mancherlei Legenden 
verbreitet worden. Es ist absolut falsch, daß ich auf das österreichische 
Veto gegen Rampolla hingewirkt. hätte. Ich hatte vielmehr dem Kardinal 
Kopp bei unserer letzten Begegnung vor der neuen Papstwahl ausdrücklich 
gesagt, daß wir uns möglichst neutral zu halten hätten. Ich persönlich hätte 
sehr gute Beziehungen zu Rampolla und glaube, daß wir mit ihm auskom- 
men würden. Außerdem ginge nach einem bekannten italienischen Sprich- 
wort mancher schwarz in das Konklave, der weiß herauskomme; manchmal 
gehe es auch umgekehrt. 
Über den Verlauf des Konklaves richtete Kardinal Kopp noch am Tage 
der Wahl, am 4. August 1903, an mich einen eingehenden Brief, den ich 
seines bleibenden Interesses halber wörtlich wiedergebe: 
„Nach dem Ableben Leos XIII. erging an die beiden deutschen Kardinäle 
von der päpstlichen Nunziatur in München die Einladung, sich möglichst 
rasch nach Rom zu begeben. Auch die anderen auswärtigen Kardinäle er- 
hielten diese Einladung und trafen meist so zeitig ein, daß sie an einigen der 
zehn General-Kongregationen, die vom Todestage des Papstes an täglich 
zur Erledigung dringender Angelegenheiten stattfinden, noch teilnehmen 
konnten. Von besonderer Wichtigkeit unter den vorhandenen Gegen- 
Papstwahl
	        
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