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letzteres in dem Vergleiche von 1722 oder sonst pro cessione dem Hause Alver-
dissen zu geben und leisten versprochen hatte“. Der Stadthager Vergleich hatte
blos den Güterbesitz der erloschenen brakischen Nebenlinie zum Gegenstande, die
landesherrlichen Rechte der regierenden Linie erlitten dadurch keine Veränderung
und wurden im Art. XIII des Vergleiches „die leges patriae, altväterliches Testa-
ment und wohlhergebrachte Landesverfassung‘“ von Neuem bestätigt. Damit waren
die rechtlichen Verhältnisse zwischen den beiden noch bestehenden Linien in We-
sentlichen geordnet, deren Hausgeschichte wir nun gesondert zu betrachten haben.
I. Die regierende gräfliche, später fürstliche Linie Lippe (zu Deimeld) mit Einschluss
der s. g. erbherrlichen Linien Lippe - Biesterfeld und Lippe- Welssenfeld.
A. Die regierende Linie.
Auf den oben erwähnten Sinon VI. folgte sein ältester überlebender Sohn
Simon VII. in der Regierung der Grafschaft 1613—1627, welcher seine Residenz
bleibend nach Detmold verlegte, weshalb man wohl diese Linie „Lippe-Det-
mold'“ zu nennen pflegte.
Der jüngste Sohn Simons VIL, Jobst oder Jodokus Hermann (geb.
1625 t 1678) wurde Stifter der apanagirten Biesterfelder und Weissenfelder Linien,
deren Rechtsverhältnisse wir unter B. besonders besprechen werden.
Auf Simon VII. folgte in der Regierung Simon Ludwig 1627—1637, welcher
bei seinem Tode nur schr junge Söhne und eine junge Wittwe, Katharine von
Waldeck, hinterliess. Unter seinen Brüdern erwachte das Theilungsgelüste. Katha-
rina aber vertheidigte unter schweren Kämpfen und mit Hülfe kaiserlicher Truppen
die Rechte ihres erstgeborenen Sohnes Simon Philipp, welcher 1650 in Florenz
starb. Auf ihn folgte sein Ohein Johann Bernhard 1650—1652, auf diesen sein
Bruder Hermann Adolf 1652—1666,. auf diesen sein Sohn Simon Heinrich 1666—
1697, auf diesen sein Sohn Friedrich Adolf 1697 — 1718, welcher in seinen
kleinen Verhältnissen Ludwig XIV. durch Prunkbauten und Luxus nachzuahmen
suchte und durch sein absolutistisches Regiment mit den Ständen des Landes
in fortwährenden Konflikt gerieth. Diese Verschwendung in Verbindung mit will-
kürlicher Herrschaft dauerte auch unter dem Nachfolger Simon Heinrich Adolf
und der Regentschaft, seiner Wittwe bis 1747 fort und erschöpfte das Domanial-
vermögen und die Finanzkräfte des Landes auf's Aeusserste, bis endlich mit dem
Regierungsantritte Simon Augusts ein friedlicheres Verhältniss zu den Landstän-
den eintrat, eine verständige Sparsanıkeit aın Hofe eingeführt und den zahlreichen
Missbräuchen der Verwaltung abgeholfen wurde. Der Nachfolger Simon Augusts,
Friedrich Wilhelm Leopold (geb. 2. Dec. 1767), deklarirte am 16. December
1789 die bereits am 27. Oktober 1720 vom Kaiser Karl VI. seinen Grossvater
Simon Heinrich Adolf verliehene, vom Kaiser Joseph II. ihm und seinem Halb-
bruder und beider sämmtlichen Nachkommen am 5. November 1789 erneuerte und
bestätigte reichsfürstliche Würde. Mit dieser blosseu Titularerhöhung trat aber