254 POD STOPFT AN SEINER MATRATZE
habe sich aber mit der Bemerkung begnügt, daß Podbielski vielleicht
„an seiner Matratze stopfe‘“, im übrigen aber ungewöhnlich brauchbar
sei. Eulenburg fügte hinzu: „Ich nehme an, daß es keine unmöglichen
Wünsche Seiner Majestät gibt, die Podbielski jetzt nicht erfüllen würde,
und es tut mir leid, annelımen zu müssen, daß Seine Majestät eine so
windelweich gewordene Persönlichkeit nicht ungern als Minister sieht,
besonders in dem Ressort des dicken Podbielski, dem die Forsten, Wälder
und Jagden unterstellt sind. Podbielski ging hier lahm an Gicht herum
und sagte mir, daß ihn die Preßkampagne gegen ihn doch arg mitgenommen
habe.“ In der Tat trat der wackere Podbielski, der sich nicht nur im
Frieden in allen von ihm bekleideten Stellungen, sondern auch vorher
auf dem Schlachtfelde ausgezeichnet hatte, im November 1906 freiwillig
zurück.
Ich kann mich eines ironischen Lächelns kaum erwehren, wenn ich an das
Aufsehen und — um ein vor der Revolution sehr beliebtes, seitdem, wo viel
mehr Anlaß dazu vorläge, weit weniger gebrauchtes Wort anzuwenden —
an die „Entrüstung“ denke, die damals in der ganzen oppositionellen Presse
über die „Afläre‘‘ Podbielski herrschte. Zunächst handelte es sich tatsäch-
lich mehr um Gerede und Gerüchte als um bewiesene Anschuldigungen.
Vor allem verhielt sich alles, was man Podbiclski vorwarf, zu den Verfeh-
lungen, deren viele Jahre später Matthias Erzberger überführt wurde,
wie der Brocken zum Chimborasso. Und trotzdem wurde Erzberger nach
dem für ihn niederschmetternden Ausgang seines Prozesses gegen Helflerich
und nach einem Urteilsspruch, durch den ihm gewohnheitsmäßige Unwahr-
haftigkeit und unanständige Vermischung öffentlicher Interessen mit
privaten Geschäften bescheinigt wurde, von dem Reichstagspräsidenten
wie von dem damaligen Reichskanzler, zwei Sozialisten, nicht nur ent-
schuldigt, nicht nur verteidigt, sondern öffentlich und laut gepriesen. In
jenen Tagen des Erzberger-Helfferich-Prozesses frug ich den mir befreun-
deten Redakteur eines demokratischen Blattes: „Wenn ich, als einst Pod-
bielski wegen angeblicher kleiner Verfehlungen in seinen Beziehungen zur
Firma Tippelskirch angegriffen wurde, ihn im Reichstag von der Minister-
bank aus glorifiziert hätte, was würden Sie dazu in Ihrem geschätzten Blatt
gesagt haben?“ Er erwiderte mir lächelnd: „Ich würde wohl geschrieben
haben, daß seit den Zeiten des Niedergangs des römischen Reichs so etwas
von schamlosem Zynismus und völligem Mangel an ethischem Empfinden
nicht dagewesen wäre.‘ Andere Zeiten, andere Sitten!
Als ich gerade im Begriff war, von Berlin mich zu meiner völligen
Grof Monıs Wiederherstellung nach Norderney zu begeben, ließ sich unser Botschafter
meldet sich in Rom, Graf Monts, bei mir melden. Ihm war ein arges Mißgeschick wider-
fahren. In Mailand hatte eine Ausstellung stattgefunden, zu deren Ein-