UM LOUBET ABZUFANGEN 17
in Genua eine offizielle Begrüßung zu inszenieren. Ein deutscher Kaiser auf
einem Kriegsschiff mit Kriegsschiffsbegleitung kann nicht als Privatmann
den Fuß ans Land setzen. Zur Begrüßung unseres Herrn würde höchstens
ein italienischer Prinz, wohl der Herzog von Genua, mobil gemacht werden,
während der König die Einschiffung des Präsidenten Loubet in Neapel zur
gleichen Stunde persönlich überwacht. Es ergäben sich da Vergleiche, die
weder für die Öffentlichkeit nützlich noch für Seine Majestät persönlich
erfreulich sein würden. Abgesehen hiervon, müßten die jetzt schon hin und
wieder auftauchenden Gerüchte über den Wunsch nach einer Entrevue
mit Loubet neue Nahrung erhalten, wenn der Deutsche Kaiser sozusagen
die Kiellinie des französischen Geschwaders kreuzt. Die Angelezenbeit ist
von mir mehrfach mit dem Vertreter des Auswärtigen Amts an Bord des
kaiserlichen Schiffes, Herrn von Tschirschky, erwogen worden. Derselbe
meinte, daß es nur Eurer Exzellenz persönlich möglich sein würde, den
Kaiser unter Darlegung obiger Gründe von der Rückkehr ins Mittelmeer
abzubringen. Es wird überhaupt sowieso nicht leicht sein, Seine Majestät
zur Änderung des Programms zu veranlassen, da Allerhöchstderselbe zu
einigen Adjutanten, nicht zu Herrn von Tschirschky oder mir, den Wunsch
ausgesprochen hat, dem französischen, nach Neapel gehenden Geschwader
wie zufällig auf der Fahrt zu begegnen. Übrigens würde, wenn esschon einem
Nelson nicht gelang, die nach Ägypten gehende Flotte zu treffen, auch dem
Comodore Usedom es sicherlich schwerfallen, die Panzer der Republik auf
offener See sozusagen abzufangen. Zum Schlusse bemerke ich noch ehr-
erbietigst, daß während meines Aufenthalts in Neapel öfter Äußerungen aus
dem Munde des Kaisers fielen, die auf den Wunsch einer nächstjährigen
Wiederholung der Osterfahrt hindeuten. Hiermit quadriert auch die trotz
aller gegenteiligen Äußerungen Seiner Majestät doch sehr auffallend ge-
wesene Freundlichkeit gegen den König sowie die allen Vorschlägen ent-
gegenkommende, oft dieselben geradezu überholende Bereitwilligkeit,
Gnaden und Orden auszuteilen.“ Am 2. April fügte der Botschafter das
nachstehende Postskriptum hinzu: „Unmittelbar vor Postschluß erhalte ich
ein Telegramm des Gesandten von Tschirschky. Derselbe bittet dringend.
Eure Exzellenz möchten ja nicht zu $. M. irgend etwas darüber verlauten
lassen, daß Allerhöchstderselbe den Wunsch geäußert hat, die französische
Flotte im Mittelmeer zu treffen. Die betreffende Marine- und Adjutanten-
quelle würde dadurch aufs peinlichste kompromittiert und für den aus-
wärtigen Dienst für immer verstopft werden.“
Dem Kaiser blieb schließlich nichts anderes übrig, als sich mit den land-
schaftlichen Reizen Siziliens zu entschädigen, die sein für das Schöne emp-
fängliches Gemüt in helle Begeisterung versetzten. Die erhabenen Grab-
denkmäler zweier großer deutscher Kaiser, des genialen und unglücklichen
2 Bülow II