420 BERLINER TOAST EDUARDS VII.
spruch des Kaisers, den er mit mir aufgesetzt hatte: „Eure Majestäten
können versichert sein, daß zugleich mit mir auch meine Haupt- und Re-
sidenzstadt und das gesamte Deutsche Reich in Eurer Majestäten An-
wesenheit ein Zeichen der freundschaftlichen Gesinnung erblicken, welche
Eure Majestät zu diesem Besuch bewogen hat. Das deutsche Volk begrüßt
den Beherrscher des mächtigen britischen Weltreichs mit der ihm ge-
bührenden Achtung und sieht in dem Besuch eine neue Bürgschaft für die
fernere friedliche und freundschaftliche Entwicklung der Beziehungen
zwischen unseren beiden Ländern. Ich weiß, wie sehr unsere Wünsche
nach Erhaltung und Festigung des Friedens übereinstimmen, und ich kann
Eurer Majestät kein schöneres Willkommen bieten als mit dem Ausdruck
der zuversichtlichen Überzeugung, daß Eurer Majestät Besuch zur Ver-
wirklichung jener unserer Wünsche beitragen wird. Indem ich der Hoffnung
Ausdruck verleihe, daß das weite Reich, über welches Eure Majestät herr-
schen, auch fernerhin gedeihen und blühen möge, weihe ich mein Glas
Eurer Majestät und Ihrer Majestät der Königin Wohl!“ Der König, zu
dessen Kenntnis ich den Text der kaiserlichen Ansprache vorher hatte
bringen lassen, erwiderte, gleichfalls in deutscher Sprache: „Obgleich ich
meine wiederholten Besuche in Kiel, Wilhelmshaven und Cronberg in
angenehmster Erinnerung behalten habe, so gereicht es mir doch zu
besonderer Genugtuung, daß es der Königin möglich war, mich bei dem
gegenwärtigen Besuch zu begleiten, und daß wir ihn in diesem alten
Schlosse Eurer Majestät Vorfahren, in der Mitte Ihrer Haupt- und Re-
sidenzstadt Berlin abstatten konnten. Eure Majestät haben in betreff
des Zweckes und des erwünschten Resultats unseres Besuches meinen
eigenen Gefühlen beredten Ausdruck gegeben, und ich kann daher nur
wiederholen, daß unser Kommen nicht allein die engen Bande der Verwandt-
schaft zwischen unseren Häusern vor der Welt in Erinnerung zu bringen
beabsichtigt, sondern auch die Befestigung der freundschaftlichen Bezie-
hungen zwischen unseren beiden Ländern und dadurch die Erhaltung
des allgemeinen Friedens, auf welche mein ganzes Streben gerichtet ist,
erzielt. Mit dem Wunsch, daß die gedeihliche Entwicklung Eurer Majestät
ganzen Reichs auch in Zukunft andauern möge, erhebe ich mein Glas auf
das Wohl Seiner Majestät, Ihrer Majestät der Kaiserin und Ihres Hauses.“
Während der Galatafel trank Kaiser Wilhelm II. mir mit demonstrativer
Herzlichkeit zu. Ein günstiges Zusammentreffen hatte es mir ermöglicht,
das von mir bereits erwähnte deutsch-fi he Abl über Marokko
gerade an dem Tage zu unterzeichnen, wo das englische Herrscherpaar in
der Reichshauptstadt eintraf. In dem Gespräch, in das mich der König nach
Aufhebung der Tafel zog, sprach er mir seine Befriedigung über die von
mir erreichte Verständigung mit Frankreich aus. „Sie haben‘, meinte er