NICHT ZU SEHR PRAMPIEREN 421
lächelnd, „einen diplomatischen Erfolg gehabt, zu dem ich Ihnen persönlich
gratuliere. Aus der bosnischen Schwierigkeit werden Sie wohl auch gut
herauskommen.“ Indem er mich bei einem der Knöpfe meines Attilas
faßte, fügte er lächelnd hinzu: „Nun sorgen Sie dafür, daß Er damit nicht
zu sehr prampiert.“ Dabei blickte der König auf seinen in einiger Ent-
fernung stehenden Neffen, den Kaiser. Unser Gespräch wurde auf englisch
geführt, für diese leise Warnung aber bediente sich der König des Berliner
Ausdrucks: prampieren.
Am 10. Februar stattete König Eduard dem Berliner Rathaus einen
Besuch ab. Der Kaiser war von dem Erscheinen seines Oheims im „Roten
Hause“ innerlich nicht besonders erbaut, erschien auch nicht zu dieser
Veranstaltung. Der König ging gern auf meinen Vorschlag ein. Er gab sich
im Kreise der Berliner Stadträte und Stadtverordneten viel ungezwungener
als bei dem Prunkmahl im Schloß. Er erschien heiter und freundlich, fast
gemütlich im Gespräch mit den biederen Stadtvätern. Seine deutschen
Vettern in Koburg, Darmstadt oder Strelitz hätten in ihren Residenzen
nicht liebenswürdiger Cercle halten können. Auf die Ansprache des Ober-
bürgermeisters Kirschner erwiderte der König kurz, aber mit lauter
Stimme und gutem Ausdruck: „Ich danke Ihnen, daß Sie mir Gelegenheit
gegeben haben, Ihnen meinen herzlichsten Dank für den schönen Empfang
am gestrigen Tage aussprechen zu können, und daß ich Gelegenheit habe,
dies schöne Rathaus zu sehen. Es freut mich sehr, wieder nach Berlin
zu kommen. Mein größter Wunsch ist, daß die Beziehungen zwischen den
beiden Ländern immer die besten sein mögen.“ Die Ansprache wurde mit
allgemeinem Bravo aufgenommen. Als die Musikvorträge begannen,
forderte der König mich auf, neben ihm Platz zu nehmen. „Very nice,
very nice indeed‘‘, meinte er mehrfach zu mir. „They seem to be very good
people and quite reasonable.‘“ Offenbar hatte ihm sein kaiserlicher Neffe
eine abfällige Bemerkung über die Munizipalität der Haupt- und Residenz-
stadt gemacht, auf die der Kaiser nicht gut zu sprechen war, da sie seinen
persönlichen Wünschen hinsichtlich der Verschönerung der Hauptstadt
wiederholt Widerstand geleistet hatte und nach der Meinung des hohen
Herrn überhaupt zum Frondieren neigte. Gegenüber dem König stand an
der Wand eine größere Anzahl distinguierter Herren, die zu dem Rathaus-
fest eingeladen worden waren. Als ich Seiner Majestät die Namen dieser
Herren nannte, unter denen sich auch der Geheime Rat von Renvers
befand, bat mich der König, sobald er den Namen des großen Arztes hörte,
diesen heranzuwinken. Erseisehr bewegt, fügteer hinzu, dem
Arzt zu begegnen, der seiner geliebten ältesten Schwester, der Kaiserin
Friedrich, während ihrer schweren Krankheit so treu zur Seite gestanden
hätte. Als Renvers sich dem König näherte, wiederholte ihm dieser mit