Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

ÜBER DIE FLOTTENFRAGE LÄSST SICH REDEN 503 
Kirche in Preußen ganz beruhigt. Der Brief schloß: ‚Ich freue mich in dem 
beruhigenden Bewußtsein, daß Eure Durcblaucht das Staatsruder in Hän- 
den haben. In treuester Verehrung und Anhänglichkeit Eurer Durchlaucht 
ergebenster G. Kardinal Kopp.“ 
Gerade in den Tagen, wo im Reichstag die Würfel fielen, wurden zwischen 
mir und dem Botschafter in London bedeutsame Briefe gewechselt. Ich gab 
in meinem Schreiben vom 23. Juni 1909 an Metternich der Ansicht Aus- 
druck, daß der Wunsch, durch eine Verständigung mit Deutschland die 
Sorgen um die Sicherung der englischen maritimen Unantastbarkeit und um 
die finanziellen Lasten, die eine zu schnelle und starke Flottenvermehrung 
erfordere, einigermaßen vermindert zu schen, nach wie vor in England 
vorhanden wäre. Daß ein ähnlicher Wunsch in weiten Kreisen auf unserer 
Seite bestehe, hätte ich dem Botschafter in früheren Erlassen mehr als 
einmal dargelegt. Eine Änderung in dieser Beziehung sei bei uns nicht 
eingetreten. Ich hielte es für ratsam, in England an geeigneter Stelle zu- 
nächst andeutungsweise zu erkennen zu geben, daß wir nicht abgeneigt 
wären, auf billiger Grundlage mit uns über die Flottenfrage reden zu 
lassen. Ich schrieb: „Es ist meine feste Überzeugung, daß man bei gutem 
Willen auf beiden Seiten und wenn englischerseits alles vermieden wird, 
was als Drohung oder Druck aussieht, sehr wohl im Rahmen einer allge- 
meinen Annäherung auch zu einer Verständigung über die Schiffsbauten 
gelangen könnte. Daher bitte ich Sie, sobald die Finanzfrage bei uns geklärt 
sein wird, Gespräche mit leitenden politischen Persönlichkeiten über die 
Flottenfrage nicht gerade zu forcieren, aber bei jeder sich bietenden Ge- 
legenheit keinen Zweifel darüber zu lassen, daß eine Verständigung mit 
England auch über die Flottenfrage durchaus nicht außer dem Bereich der 
Möglichkeit liegt, sofern damit eine uns freundlichere Orientierung der 
allgemeinen englischen Politik verbunden ist. Es empfiehlt sich um so mehr, 
daß Sie sich auch gegenüber Sir Edward Grey und Sir Charles Hardinge, 
immer ungesucht, im Sinne meiner Erlasse äußern, damit bei ihnen nicht 
der Eindruck hervorgerufen wird, als ob wir unsere Ansicht verändert 
hätten. Falls Grey und Hardinge Sie auf die Sache direkt anreden, können 
Sie auch schon vor der Erledigung der Finanzreform bei uns sich in diesem 
Sinne äußern, doch müßte vermieden werden, daß bei den beiden Staats- 
männern der Eindruck erweckt wird, wir kämen ihnen mit dieser Sache, 
weil uns der Atem auf finanziellem Gebiete ausginge. Wie wir in der Sache 
weiter handeln, wird vornehmlich von den Gegenäußerungen und etwaigen 
Vorschlägen abhängen, denen Sie begegnen werden und über die ich Ihren 
Berichten mit Interesse entgegensehe.‘“‘“ Eine Woche später schrieb mir 
Paul Metternich: „Ich werde Ihnen in den nächsten Tagen einen eingehen- 
den Bericht oder Privatbrief über die hiesige Lage mit Bezug auf die 
Driefwechsel 
mit dem 
Grafen 
Metternich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.