GESCHICHTE EINER RÖMISCHEN VILLA 67
von mir genannten preußischen Oberstkämmerer Graf Wilhelm Redern.
Sie war eine nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich vornehme T'rau,
voll Hamburger Bürgerstolz, dabei schlagfertig. Bald nach ihrer Heirat
richtete in Berlin ein alberner Prinz an sie die Frage: „Womit handelt Ihr
Herr Vater ?“ Sie antwortete: „Mit Klugheit und Verstand.‘ Der Gesandte
Karl Godeffroy hatte nur einen Sohn, den später von Preußen in den Adels-
stand erhobenen Wilhelm. Der war, was die Menschen einen Sonderling
nennen, hat aber mehr Gutes getan und besaß einen edleren Kern als die
meisten Weltleute. Er war in kleinen Dingen ungemein genau. Er konnte
in sechs oder acht Schuhmacherläden vorsprechen, bevor er sich für das
billigste Paar Stiefel entschied, Er bestand noch während seiner letzten
Krankheit darauf, daß das Pfand für die von ihm ausgetrunkenen leeren
Mineralwasserflaschen eingelöst würde. Dabei war er jederzeit bereit, für
wirklich gute und edle Zwecke Hunderttausende zu geben. Die schöne
neue Kirche in Blankenese ist von ihm erbaut worden; er schenkte der
Hamburger Michaeliskirche ihre Orgel, eine der schönsten Orgeln in
Deutschland.
Als es zum Sterben ging, ließ er seinen Generalbevollmächtigten
kommen und forderte ihn auf, ihm alle Schuldverschreibungen vorzulegen.
Als sehr reicher Mann war Wilhelm von Godeffroy von vielen Seiten um
Darlehen angegangen worden. Er ließ alle Schuldverschreibungen vor
seinen Augen verbrennen, dann griff er nach dem Neucn Testament mit den
Worten: „Nun willich nur noch an Gott denken.“ Bald nachher verschied
er. Er hat etwa zwanzig Millionen, eine damals sehr bedeutende Summe,
für mildtätige Stiftungen aller Art hinterlassen. Er empfand für mich, den
ältesten Sohn der ältesten Schwester seiner Mutter, seit meiner Jugend
großes Wohlwollen, später besondere Verehrung und hat dies auch in seinem
Testament ausgesprochen. Er war ein guter Christ und ein guter Patriot.
Mit der Erwerbung der Villa Malta erfüllte ich einen Wunsch meiner
Frau. Ich kaufte das schöne Haus, obwohl ich es nur einmal in meinem
Leben gesehen hatte, und zwar nur abends, anläßlich eines Diners bei dem
damaligen Besitzer, dem russischen Grafen Leon Bobrinski. Ich hatte aber
volles Vertrauen zu dem Urteilund dem Geschmack meiner Frau. Ferdinand
Gregorovius beginnt seine 1888 geschriebene Monographie über die Villa
Malta mit den Worten: „Diese Villa hätte wohl verdient, deutsches Eigen-
tum zu bleiben, denn manche vaterländischen Erinnerungen haften an ihr.
Vierzig Jahre lang ist sie das Sanssouci des kunstliebendsten aller deutschen
Fürsten gewesen. Ludwig von Bayern hat dort oftmals Hof gehalten, nicht
mit besternten Diplomaten, sondern mit lebensfrohen und talentvollen
Künstlern.“ Gregorovius fährt fort: „Der Ursprung der Villa Malta ist sehr
vornehm, ihr Stammbaum wuchs in den Gärten des Lukull. Zur Zeit des
5°