100 DER LÖWE VON SKALITZ
erfüllen. Die hohe Selbstverleugnung, mit der die hannoversche Armee,
treu dem geleisteten Eide, ihr hartes Los getragen, muß ihr die Achtung
der preußischen Armee sichern.“ In rascher Folge trafen Siegesnachrichten
über die Gefechte von Podol, Hühnerwasser, die Schlachten von München-
grätz und Gitschin ein. Der preußische General Bonin wurde von dem
Österreicher Gablenz bei Trautenau geschlagen. Aber die preußische Garde
siegte bei Soor und Königinhof, und der General von Steinmetz schlug
in drei aufeinanderfolgenden Tagen, am 27., 28. und 29. Juni, bei Nachod,
Skalitz und Schweinschädel drei österreichische Korps aufs Haupt. Stein-
metz war ein alter Haudegen, siebzig Jahre alt. Er hatte schon die Feld-
züge von 1813 bis 1815 mitgemacht. Jetzt nannte man ihn den „Löwen von
Skalitz“. Er hat später, im Deutsch-Französischen Kriege von 1870, ver-
sagt, nicht strategisch, aber durch Eigensinn und Trotz. Er war ein schwie-
riger Charakter und mußte, nachdem er als Oberbefehlshaber der 1. Armee
bei Spichern, Golombey-Nouilly und Gravelotte die Weisungen von Moltke
nicht immer präzis ausgeführt hatte, Mitte September 1870 abberufen
werden. Aber seine Leistungen im Böhmischen Feldzug sichern ihm einen
dauernden Platz in der Geschichte der preußischen Armee. Steinmetz war
in jeder Beziehung ein prächtiges Original. Nach der Beendigung der Sechs-
undsechziger Kampagne heiratete er mit einundsiebzig Jahren ein siebzehn-
jähriges Fräulein von Krosigk. Die Ehe dauerte elf Jahre und ging ganz
gut. Den Honigmond hatte der Löwe von Skalitz auf besondere Einladung
seines Kriegsherrn in der Burg Hohenzollern verlebt. Man konnte es der
Witwe aber schließlich nicht verargen, daß sie zwei Jahre nach dem Tode
des Feldmarschalls Steinmetz den Grafen Karl Brühl heiratete, der fünf
Jahre jünger war als sie selbst. Als sie nach fünfundzwanzigjähriger glück-
licher Ehe mit ihm starb, suchte der Witwer sich seinerseits eine Komteß
Schweinitz aus, die einundzwanzig Jahre jünger war als er. So war das
Gleichgewicht wiederhergestellt.
Groß war in Halle der Jubel über die preußischen Siege. Volkssänger
zogen vor das Pädchen und sangen zur Drehorgel:
Der Benedek, der Benedek, der hat es bös im Sinn,
Er wollt’ mit seinen Kroaten nach Berlin.
Der Prinz Friedrich Karl, der hat es ihm gezeigt,
Daß ihm in Berlin kein Frühstück wird gereicht.
Die Studenten sangen in den Straßen:
Schön schwarz ist der Adler und weiß ist der Schwan,
Drum ist auch schwarz-weiß die preußische Fahn’.
Und schwarz ist der Teufel und gelb ist der Neid,
Drum ist auch schwarz-gelb des Östreichers Kleid.