HARRY ARNIMS PARFÜM 179
schönen, eleganten, nur leider an dem Tage etwas zu stark mit White Rose
parfümierten Freundin im Bismarckschen Salon erschien. Der Kanzler war
noch nicht gekommen. Mutter Johanna klimperte am Klavier. Ich setzte
mich zur Tochter. Nach einigen Minuten sagte sie zu mir: „Sie sind ja
parfümiert! Um Gottes willen, drücken Sie sich so rasch wie möglich, sonst
haben Sie bei Vater verspielt. Harry Arnim wurde ihm unsympathisch,
als er mehrfach zu stark parfümiert bei uns eintrat. Als Vater später hinter
Harrys Umtriebe kam, sagte er: ‚Das wundert mich gar nicht! Der Kerl
stank ja immer nach Parfüm!““ Ich beherzigte den guten Wink und ver-
schwand a la Francaise, d.h. ohne Abschied zu nehmen. Auch große
Männer haben ihre kleinen Marotten: Wallenstein konnte den Hahn nicht
krähen hören, Goethe vertrug den Tabak nicht, Schiller wollte faule Äpfel
riechen, um sich anzuregen, Napoleon liebte es, sich mehrmals täglich mit
Eau de Cologne abzuwaschen, Bismarck konnte Parfüm nicht vertragen.
Ich selbst habe mich übrigens nie parfümiert, ohne es aber bei Frauen
unangenehm zu empfinden.
Als ich am 30. Oktober, nach Bonn zurückgekehrt, mich in der Sterntor-
kaserne bei dem Wachtmeister Wunderlich zum Dienst zurückmeldete,
sagte er mir: „Gut, daß Sie da sind! Morgen abend gehen zwei Offiziere,
zwei Unteroffiziere, dreißig Husaren, darunter sechzehn Freiwillige, nach
Metz, wo das Regiment biwakiert. Sie müssen mit, Einjähriger von Bülow!
Darüber sind. wir alle einig.“ Meine Freude ob dieser guten Nachricht war
unbeschreiblich. Ich hätte den guten alten Wachtmeister um die Taille
fassen und mit ihm eine Polka-Mazurka oder einen Rheinländer tanzen
mögen, so vergnügt war ich. In meinem ganzen langen Leben habe ich nur
noch einmal ein ähnliches Glücksgefühl empfunden: als ich fünfzehn Jahre
später auf dem Eise der Newa die Nachricht erhielt, der Heilige Stuhl habe
die Ehe der Gemahlin des preußischen Gesandten in Dresden, der Gräfin
Marie Dönhoff, annulliert und damit meine Heirat mit der Frau ermöglicht,
die ich über alle und über alles geliebt habe und die das Glück meines
Lebens geworden ist. ‘
2?