Armeebefehl
Friedrich
Karls
182 KAPITULATION VON METZ
Philosophie über das Zahnweh hinweghülfe. Nun, ich sage: Zu enge
Husarenstiefel sind noch ärger als der ärgste Zahnschmerz. Der brave
Schlichting, der unsern Transport leitete, half mir aus der Not. Als er mich
in Saarbrücken humpelnd auf dem Bahnsteig erblickte, riet er mir zunächst,
beide zu engen Stiefel mit einem Taschenmesser aufzuschneiden. Ritsch!
Ratsch! „So nun wird Ihnen schon besser werden“, meinte er gut gelaunt.
Dann fuhr er mit mir in einer Droschke zur Kaserne der 7. Ulanen, ließ
sich auf der Kammer hohe Ulanenstiefel zeigen und forderte mich auf, mir
das bequemste Paar auszusuchen. Von meinen alten Husarenstiefeln wurde
die Borte abgenommen und flugs auf die neuen Ulanenstiefel aufgenäht,
die Situation war gerettet.
Unmittelbar vor meiner Abreise aus Bonn hatte ich an meinen guten
Vater, der, durch seine vielen häuslichen Sorgen zermürbt und überdies
beunruhigt durch einen Ruhranfall, den ich während meines letzten
Besuches in Berlin durchzumachen hatte, mein Ausrücken ins Feld nicht
gern sah, kurz und bündig telegraphiert: „Rücke mit Schwadron heute
nacht zwölf Uhr zum Regiment, das von Metz gegen Lille geht. Völlig
ausgerüstet, bin wohl und sehr vergnügt! Bitte dringend umgehend
telegraphisch um zweihundert Taler.“ Nach vierundzwanzigstündiger
Eisenbahnfahrt trafen wir endlich in Courcelles bei Metz ein. Wir ritten
von da nach Liehon, wo ich bei meinem Pferd im Stall schlief. Am 3. No-
vember stießen wir im Schloß Groslieu bei Metz zu unserm Regiment. Der
Ersatz wurde auf die vier Kriegs-Schwadronen verteilt. Ich kam zur
1. Schwadron. Am 27. Oktober hatte Metz kapituliert. In einem Armee-
befehl, der vor dem Regiment verlesen wurde, hatte der Oberbefehlshaber
der Zernierungs-Armee, Prinz Friedrich Karl von Preußen, dieses große
Ereignis gewürdigt: „Es ist so weit, heute endlich hat diese Armee von
voll einhundertdreiundsiebzigtausend Mann, die beste Frankreichs, über
fünf Armeekorps, darunter die kaiserliche Garde, mit drei Marschällen von
Frankreich, mit über fünfzig Generälen und sechstausend Offizieren,
kapituliert, und mit ihr Metz, das niemals zuvor genommen. Mit diesem
Bollwerk, das wir Deutschland zurückgeben, sind unermeßliche Vorräte an
Kanonen, Waffen und Kriegsgerät dem Sieger zugefallen.““ Mit Recht hob
Prinz Friedrich Karl hervor, daß er und seine tapferen Soldaten Deutsch-
land die stolze Feste wiedergaben, die uns dreihundertachtzehn Jahre
früher Frankreich mit List und Verrat entriß. Der „rote Prinz“, wie er in
der Armee genannt wurde, weil er mit Vorliebe den roten Attila der
Zieten-Husaren trug, hatte echt preußisch hinzugefügt: „Ich erkenne gern
und dankbar eure Tapferkeit an, aber nicht sie allein; beinahe höher stelle
ich euern Gehorsam und den Gleichmut, die Freudigkeit, die Hingebung
im Ertragen von Beschwerden vielerlei Art. Das kennzeichnet den guten