Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

VORMARSCH 185 
Metz hatte es mit Eifer und Wachsamkeit den Rekognoszierungsdienst 
betrieben. Einer der besten Offiziere des Regiments, der Premierleutnant 
Deginhard von Lo&, ein Neffe des Kommandeurs, war bei einer Reko- 
gnoszierung am Eingang von Longeau gefallen. Eine feindliche Kugel, die 
durch die Schläfen ging, hatte ihn auf dem Fleck getötet. Aber das Regiment 
war noch nicht mit dem Feind handgemein geworden. Es hatte noch nicht 
attackiert. Und nach der Attacke stand aller Sinn. Das hatte unser von 
edlem militärischem Ehrgeiz erfüllter Kommandeur, der Oberst Walter 
von Lo&, gemeint, als er nicht lange vor der Kapitulation von Metz bei 
einer Pferderevision mit Bitterkeit äußerte: „Da das Regiment noch nicht 
genügend Gelegenheit hatte, zu zeigen, was es zu leisten vermag, so ist es 
doppelte Pflicht, wenigstens das Material Seiner Majestät dem König zu 
erhalten.“ 
Jetzt, nach der Bezwingung von Metz, fiel der Ersten Armee, zu der mit 
dem VIII. Armeekorps das Königshusaren-Regiment gehörte, die Aufgabe 
zu, die Zernierung von Paris gegen Norden zu sichern, wo der aus Metz 
entkommene General Bourbaki die französische Nordarmee formierte. Das 
ganze VIII. Korps, und nicht zum wenigsten das Königshusaren-Regiment, 
lebte der Hoffnung, daß es nach langem und langweiligem Zernierungsdienst 
in Nordfrankreich endlich zum frischen und fröhlichen Schädelspalten 
kommen werde, wie der wackere Valentin im „Faust“ diese Berufstätigkeit 
des Soldaten nennt. 
Der Vormarsch begann am 7. November. Die Vorhut der 15. Division 
hatte das Königshusaren-Regiment. Wir marschierten durch den Argonner- 
wald. Die Wege waren schlecht, entweder holperig oder tief lehmig. Das 
Wetter war unfreundlich, kalt und naß. Schnee wechselte mit Regen. Ich 
hatte ein gutes Pferd, die flotte Grete, und so wurde mir häufig der Auftrag, 
der Division Meldungen zu bringen oder dort Befehle entgegenzunehmen. 
Da die Bevölkerung in dieser Gegend störrisch war, sich auch viele 
Franktireurs in den Wäldern umhertrieben und nicht wenige Meldereiter 
und Patrouillen das Opfer verräterischer Überfälle geworden waren, 
ritten wir mit aufgesetztem Karabiner. Doch bin ich nur zweimal beschossen 
worden. Einmal pfiff mir eine Kugel dicht am Ohr vorüber. Natürlich be- 
stand, namentlich nachts, keinerlei Möglichkeit, den Attentäter zu fassen. 
Es blieb nichts anderes übrig, als es zu machen wie der wackere Schwabe 
in Uhlands Gedicht: sich „nit zu forchten‘ und „spöttisch um sich zu 
blicken“. Nur, daß ich nicht „Schritt for Schritt meines Weges ging‘ wie 
der Schwabe, sondern möglichst flott trabte. 
Beim Stabe der Division fand ich, ebenso wie bei den beiden Brigaden 
der 29. Infanterie-Brigade (Oberst von Bock) und der 30. Infanterie- 
Brigade (Generalmajor von Strubberg), stets freundliche Aufnahme. In 
Gegen 
Bourbaki
	        
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