Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

EINE INSTÄNDIGE BITTE 187 
Einwilligung hierzu nicht versagen. Eine Zusicherung in dieser Richtung 
könne ich aber nicht geben, weil ich diese Erlaubnis noch nicht besäße und 
es mir zu peinlich sein würde, nachträglich von meinem Vater desavouiert 
zu werden. Ich würde aber alles tun, damit mein Vater, der nach seinem 
ganzen Lebensgang militärischen Dingen ferner stehe, der aber einen 
offenen Kopf und viel Gemüt habe, meine Wünsche und Absichten nicht 
durchkreuze. Der Oberst, den mein Eifer zu freuen und zu rühren schien, 
meinte, er würde auch seinerseits an meinen Vater schreiben. Er sagte mir 
dann: daß ich schon fünf Semester studiert hätte, wäre für meine künftige 
militärische Laufbahn kein Impedimentum, sondern ein Vorteil. Er zitierte 
eine Reihe von Generälen, die studiert hätten. Er selbst habe mehrere 
Semester studiert, bevor er in die Armee eingetreten sei. Er schloß mit 
den freundlich-scherzhaften Worten: „Also, mein lieber Bülow, ich hoffe 
aus Ihnen einen propern Husaren-Offizier zu machen, einen guten Offizier 
im Königshusaren-Regiment.‘“ Also sprach der Oberst Walter von Lo& zu 
mir im Marschquartier Charpentry bei Varennes. Das war meine erste 
bedeutsame Begegnung mit dem Mann, der mir bis zu seinem achtund- 
dreißig Jahre später erfolgten Tode Vorbild und Lehrer gewesen ist und den 
ich verehrt habe wie wenige andere Männer. 
Am 10. November schrieb ich aus dem Marschquartier Charpentry: 
„Lieber Papa, der Oberst ließ mich gestern kommen und sprach schr 
freundlich mit mir. Er sagte mir, ich sei ihm aus Bonn gut empfohlen 
worden. Die günstige Meinung, die man bei der Ersatz-Schwadron von mir 
gehabt habe, fände er zu seiner Freude bestätigt. Er frug mich, ob Du 
Deine Einwilligung dazu geben würdest, daß ich als Avantageur eintrete, 
er würde mich gern nehmen, denn er glaube, daß ein Husar in mir stäke. 
Ich sagte ihm, daß ich nicht bezweifele, Du würdest, wenn ich Dir die 
Gründe für und wider auseinandersetzte, Deine Einwilligung geben. Jedoch 
sei es mir zu peinlich, hinterher von Dir desavouiert zu werden. Vor allem 
wollte ich Dir den Entschluß nicht über den Kopf hinwegnehmen. Ich selbst 
wäre ganz und gleich bereit. Er sagte mir hierauf, er würde Dir selbst 
schreiben. Und kann ich Dich, lieber Vater, nur inständigst bitten, 
meiner Bitte zu willfahren. Ich bitte Dich dringend, mir die schriftliche 
Einwilligung zu schicken, daß ich beim Regiment als Avantageur eintreten 
darf. Seit Metz haben wir sehr starke Märsche gemacht, zuerst bei kaltem, 
heute bei Regenwetter. Das Schlachtfeld von Gravelotte war bei der fahlen 
Novemberbeleuchtung ziemlich trübe. Es geht mir unberufen sehr gut und 
fühle ich mich durchaus nicht sehr müde. Vom Waffenstillstand ist viel 
die Rede. Wie mir der Oberst sagte, glaubt von den Generälen niemand 
an baldigen Frieden. Die Gegend ist seit Metz recht triste, ab und zu 
ein ärmliches Dorf, sonst Heide oder schlechte Wiesen. Seit gestern 
Brief an 
den Vater
	        
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