Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

{IN DER NORMANDIE 193 
sehr schöne Decke, die wird hinten auf den Sattel geschnallt statt des 
Mantels, den wir jetzt anhaben, ferner durch ein ganz kleines Köfferchen, 
das mir der Quartiermeister unter der Hand mitnimmt, endlich durch 
verschiedene Viktualien, Strümpfe usw. Wir aßen sehr gut im Hötel de la 
Cloche und besahen darauf das Schloß mit Graf Sierstorpff von unserem 
Regiment, der bei General Manteuffel Ordonnanzoffizier ist und im Schloß 
sehr gut Bescheid wußte. Es ist ein schönes Gebäude, im Renaissance-Stil. 
Die Fassade nach der Stadt zu ist nicht so schön wie die nach dem Park, in 
dem die berühmten Jagden abgehalten wurden. Da hat man einen sehr 
schönen Blick auf den Wald, mit prächtigen Bäumen, freien Plätzen, die 
mit Statuen geschmückt sind, Fontänen und hübschen Teichen. Das Innere 
des Schlosses ist übrigens schöner als die Außenseite. Die großen Säle sind 
ganz prachtvoll. Überall schöne Gemälde und noch schönere Gobelins. 
Merkwürdig sind zwei Bilder im Entree-Salon. Sie stellen den Angriff der 
französischen Kürassiere bei Waterloo dar. Unübertrefflich erschien mir 
die Eleganz der Möbel, Tische, Stühle, Kamine usw. Man kann sich nichts 
Hübscheres denken. Alle Säle, Salons.und Boudoirs waren mit preußischen 
Offizieren und Soldaten angefüllt, letztere z.T. mit großen Holzpfeifen 
und ohne Ausnahme in mit Nägeln beschlagenen Schuhen, von denen sich 
Kaiser und Kaiserin vor einem Jahr wohl so wenig etwas träumen ließen 
wie von Sedan und Wilhelmshöhe. Sic transit gloria mundi. Anbei einige 
Photographien des Schlosses, die ich mir für Euch beim Portier des 
Schlosses erstand. Gestern rückten wir aus Janville aus und marschierten 
nach Auteuil. Von da ward ich mit einer Meldung zum Rittmeister ge- 
schickt, der mich wieder an den Oberst sandte. Letzterer lag in Ressons, 
der Stab in Mery. Der Oberst, dem ich Papas Einwilligungsschein, für den 
ich noch sehr herzlich danke, gab, war sehr freundlich und gütig zu mir. 
Die Franzosen scheinen sich zurückzuziehen. Doch soll Bourbaki sich bei 
Amiens verschanzt haben. Man behauptet, Rußland habe England, Frank- 
reich und der Türkei den Krieg erklärt. Wird wohl eine Ente sein. Gestern 
sahen wir einen Luftballon, auf den, leider umsonst, geschossen wurde.“ 
Am 4. Dezember schrieb ich aus Lemon bei Buchy (Seine inferieure): 
„Nur zwei Worte, da es schon spät ist und ich sehr müde. Gestern mar- 
schierten wir nach Fromerie, wo wir schön lagen und gut aßen im Hötel du 
Cygne, auch viele Empletten machten. Heute kam der Befehl, unser Zug 
solle wieder zur Schwadron stoßen. Ich erhielt ihn in einer kleinen Stadt, 
den Namen habe ich vergessen, wo ich beim Quartiermachen durchkam. 
Ich ritt gleich zurück im scharfen Trab und holte den Zug, der weit zurück 
bei der Kolonne war. Wir suchten dann die Eskadron, was viel Mühe 
kostete. Erst zur Division, dann zum Stabe, dann zur Eskadron, die uns 
hierher legte, alle in eine schlechte Scheune, doch haben Schlichting und 
13 Bülow IV 
Fünf Meilen 
von Rouen
	        
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