HUSARENSTREICH 205
gedachte, die nach des Heilands Geburt vor 1870 Jahren Gott lobten und
sprachen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den
Menschen ein Wohlgefallen !“
Um vier Uhr rückten wir in Albert ein. Wir machten dort eine Anzahl
Gefangene, darunter zwei berittene Dragoner. In der Umgegend von
Albert machten wir Eisenbahn und Telegraph unbrauchbar. In diesen
Tagen vollführte der Leutnant von Schrader einen echten Husarenstreich,
den er selbst wie folgt schilderte: „Am 25. Dezember früh erhielt ich vom
Oberst Lo& den Auftrag, mit meinem Zug (3. Eskadron) zur Aufklärung des
feindlichen Abmarsches gegen Bray vorzugehen. Nachdem ich mehrfach
vereinzelte Nachzügler angetroffen hatte, um die ich mich nicht weiter
kümmern konnte, ich nahm ihnen nur ihre Waffen ab, bemerkte ich plötz-
lich auf eine Entfernung von etwa sechshundert Schritt in meiner linken
Flanke eine stärkere Abteilung Franzosen, die in derselben Richtung wie
ich marschierten. Da ich diese meinem nur neun Rotten starken Zuge offen-
bar überlegene Abteilung nicht in meinem Rücken lassen konnte, ließ ich
sofort aufmarschieren und attackieren. Zu spät bemerkte ich, daß die Fran-
zosen am jenseitigen Ufer des fast zwanzig Schritt breiten, für uns natür-
lich unpassierbaren Somme-Kanals standen, welcher hier ziemlich bedeckt
fließt und bei dem herrschenden Nebel erst auf etwa hundert Schritt sicht-
bar geworden war. An Halten oder Umkehren war nicht mehr zu denken,
da hierdurch die Franzosen, aus ihrer augenscheinlichen Bestürzung — es
fielen höchstens fünf bis sechs Schüsse auf uns — aufgeweckt, zu energi-
schem Feuer ermutigt worden wären. Es blieb mir also nichts weiter übrig,
als meiner alten ‚Vigoureuse‘ die Sporen in die Flanken zu drücken. Und
dicht an den Somme-Kanal heransprengend, riefich der Abteilung mit Ent-
schiedenheit zu: „A bas les armes!‘ Als nun die Franzosen wirklich die
Waffen senkten, konnte mir das natürlich nicht genügen, da ich besorgen
mußte, daß, bevor meine durch den beeilten Ritt über Sturzacker etwas in
Unordnung geratenen Husaren aufmarschieren und statt des Säbels den
Karabiner aufnehmen würden, die Feinde zur Besinnung kommen und uns
sämtlich über den Haufen schießen möchten. Ich forderte daher die Fran-
zosen auf, ihre Waffen ins Wasser zu werfen, welchem Befehl sie alle ohne
Ausnahme nachkamen. Sie ließen sich sodann herbei, uns eine Brücke über
den Kanal zu zeigen und selbst herüberzukommen, so daß ich die aus
fünfundzwanzig Mann bestehende Abteilung ohne weiteres durch eine
Eskorte zum Regiment zurückschicken und mit dem Rest meines Zuges die
mir befohlene Rekognoszierung fortsetzen konnte.“ Karl von Schrader, nur
wenige Monate älter als ich, war mir schon während des Krieges durch
seinen Schneid, seine Frische und seine unverwüstliche gute Laune ein
sympathischer Kamerad. Heute, nach so vielen Jahren, steht sein Bild noch
Karl von
Schrader